Zyklus und Sport: 5 Dinge, die du beachten solltest, bevor du dein Training nach Zyklus gestaltest

Zyklus und Sport: wie funktioniert Training nach Zyklus?

Zyklus und Sport zu synchronisieren liegt voll im Trend. Doch wie gestaltest du eigentlich dein Training richtig nach Zyklus? Und was gibt es ansonsten für weibliche Sportlerinnen zu beachten? In diesem Artikel möchte ich einige Mythen rund um das zyklusorientierte Training aufklären und dir die wichtigsten Tipps für dein Training nach Zyklus mitgeben. Du erfährst:

  • Training nach Zyklus: Das sagt die Wissenschaft
  • Zyklus und Sport: 5 Dinge, die du beachten solltest, bevor du dein Training nach Zyklus gestaltest
  • Training nach Zyklus: So synchronisiert du Sport und Menstruationszyklus richtig
Training nach Zyklus - so geht es richtig

Training nach Zyklus: Das sagt die Wissenschaft

Der weibliche Zyklus wird in den letzten Jahren immer weniger zu einem Tabuthema. Und auch in Bezug auf Sport bekommt der Rhythmus der Frau eine immer größere Aufmerksamkeit. Viel mehr setzen wir uns damit auseinander, was im Laufe eines Monats eigentlich in unserem Körper passiert, wie sich das auf alle Bereiche des Lebens auswirkt und wie wir besser im Einklang mit uns selbst leben können.

All das finde ich großartig. Als Frau kenne ich die Schwierigkeiten, die mit den Hormonschwankungen einhergehen und hatte auch selbst schon schwere Zyklusstörungen, was die Sache häufig noch komplizierter und belastender macht.

Und doch bringt diese Aufmerksamkeit auch einige Probleme mit sich.

Selbst ernannte Hormoncoaches, Female Performance Coaches oder andere Trainer*innen für zyklusorientiertes Training schießen aus dem Boden und schmeißen mit Behauptungen um sich. Nicht selten begegnen mir generalisierte Empfehlungen wie:

  • „Trainiere in der zweiten Zyklushälfte nicht intensiv.“
  • „HIIT zerstört deine Hormone.“
  • „Cardio bringt deinen Hormonhaushalt durcheinander.“
  • „Nur Yoga und Spazieren in der zweiten Zyklushälfte.“
  • „Am stärksten bist du rund um deinen Eisprung.“

Die Liste lässt sich sicher noch weiter fortführen.

Doch was all diese Behauptungen gemeinsam haben, ist: sie sind wissenschaftlich nicht haltbar.

Es gibt keine einzige Studie darüber, dass wir in der zweiten Zyklushälfte nur Yoga treiben und spazieren gehen sollten. Im Gegenteil: Unheimliche viel Frauen erreichen nicht mal die sportlichen Empfehlungen der WHO. Sie bewegen sich grundsätzlich zu wenig und werden dann auch noch von solchen unhaltbaren Behauptungen verschreckt.

Nicht HIIT und Cardio bringen deinen Hormonhaushalt durcheinander, sondern das Übertreiben dieser und eine inadäquate Energiezufuhr. Wann du am stärksten im Monat bist, ist komplett individuell.

Bevor du also blind einem zyklusorientierten Trainingsplan folgst, solltest du wissen:

Zum derzeitigen Standpunkt lassen sich noch keine generalisierten Empfehlungen für das Training nach Zyklus treffen. Die Literatur dazu ist sehr gemixt. Möglicherweise ist bei einigen Frauen die Leistungsfähigkeit in der Lutealphase, also in den „Tagen vor den Tagen„, etwas herabgesetzt. Doch auch das ist nicht zu verallgemeinern, sondern für jedes Individuum zu beobachten und abzuwägen.

Das bedeutet nicht, dass du deinen Zyklus vollständig ignorieren solltest. Aber dass wir die Trainingsplanung und -optimierung für Frauen nicht beim Zyklus beginnen sollten, sondern dies vielmehr als letzten Schritt in einer Reihe von vielen betrachten dürfen.

Denn auch für Frauen und Sport gilt: erst die Grundlagen. Dann das Feintuning.

Bevor du dir Sorgen um den perfekten Trainingsplan nach Zyklus machst, darfst du dir die Basics für weibliche Athleth*innen genau anschauen und diese optimieren. Hast du dort die „Low Hanging Fruits“ geerntet, kannst du zusätzlich deine individuellen Schwankungen im Laufe des Monats betrachten und daraus Rückschlüsse ziehen.

Sport & weiblicher Zyklus: 5 Dinge, die du beachten solltest, bevor du dein Training nach Zyklus optimierst

Zyklus und Sport: 5 Dinge, die du beachten solltest, bevor du dein Training nach Zyklus gestaltest

Kalorien

Körperlich aktive Frauen benötigen Energie. Insbesondere, wenn du viel Ausdauersport betreibst und einen sehr aktiven Alltag hast, ist es absolut notwendig, deinen Energiebedarf zu decken.

Doch gerade für uns Frauen ist es häufig schwierig und beängstigend, ausreichend Energie zuzuführen. Wir wachsen auf in einer Diätkultur, lernen, dass schlanker besser ist und werden so geprägt, dass Frauen wenig essen, nur Salat essen und immer auf ihre Ernährung achten „müssen“.

Doch all das lässt sich nicht mit sportlicher Performance vereinbaren. Bevor du dir also Sorgen darüber machst, dass dein Training deine Hormone durcheinanderbringen könnte, darfst du einen Blick auf deine Ernährung schauen. Nimmst du genug Energie zu dir? Versorgst du dich ausgewogen mehrmals täglich mit vernünftigen Mengen an Kalorien und Mikronährstoffen?

Das Minimum für eine optimale Versorgung liegt bei 40-45 kcal pro Kilogramm fettfreie Masse. Die fettfreie Masse ist das Gewicht, was übrig bleibt, wenn du dein Körperfett abziehst.

Bei einem Körpergewicht von 70 Kilogramm und einem Körperfettgehalt von 20% kommen wir auf 56 Kilogramm fettfreie Masse. Um den minimalen Energiebedarf einer körperlich aktiven Frau zu bestimmen, multiplizieren wir diesen Wert mit 40-45. Das ergibt einen Kalorienbedarf von etwa 2500 am Tag. Bist du sehr aktiv kann sich dieser Wert auch auf bis zu 3300 oder mehr erhöhen.

Da es sich hierbei um Schätzwerte handelt, musst du nicht deinen exakten Körperfettanteil zur Berechnung kennen. Es reicht aus, wenn du deinen Wert an Hand von Bildern schätzt.

Kohlenhydrate

Wenn wir Sport treiben, werden vor allem Kohlenhydrate verbrannt. Sie entscheiden unter anderem darüber, wie viel Trainingsvolumen wir händeln können. Außerdem sind sie unglaublich wichtig für deine Regeneration und deine hormonelle Balance. Eine Low Carb Diät verträgt sich nicht mit sportlicher Performance.

Je mehr Ausdauersport du treibst, umso höher ist dein Bedarf an Kohlenhydraten. Ob du genug Kohlenhydrate zu dir nimmst, ist häufig im Alltag schwierig zu erkennen. Doch einige Indizien für eine inadäquate Versorgung an Kohlenhydraten können sein:

  • Weniger Energie und Leistungsfähigkeit
  • Leistungsabfall während deiner Trainingseinheiten
  • Erschöpfung und Müdigkeit
  • Besseres Gefühl nach einer sehr kohlenhydratreichen Mahlzeit/einigen sehr kohlenhydratreichen Tagen
  • Dauerhafte Lust auf Süßes und Kohlenhydratreiches

„Reine“ Kohlenhydrate sind häufig ziemlich schwer zuzuführen. Die meisten Mahlzeiten, die wir essen, sind sehr fettreich. Zwar liefern sie dann ausreichend Energie, doch dennoch nicht genügend Kohlenhydrate. Selbst bei einer adäquaten Energiezufuhr kann eine Unterversorgung an Kohlenhydraten die selben Auswirkungen auf die weibliche Physiologie haben wie Fasten bzw. ein Energiedefizit. Und das wiederum bedeutet, dass es deine Hormone und schließlich auch deinen Zyklus beeinflussen kann, wie viele Kohlenhydrate du zu dir nimmst.

Protein

Ausreichend Eiweiß zu sich zu nehmen ist ebenfalls für viele Frauen eine Herausforderung. Pro Kilogramm Körpergewicht solltest du dir 1.6-2.2g Eiweiß als Ziel setzen.

Bei einem Körpergewicht von 70 Kilogramm entspricht das etwa 112 bis 154g Eiweiß am Tag. Um genügend Protein zuzuführen, empfiehlt es sich deshalb, zu jeder Mahlzeit 20-30g reines Eiweiß zuzuführen.

Wenn du Schwierigkeiten hast, ausreichend Protein zuzuführen, kannst du auch auf einen hochwertigen Eiweißshake zurückgreifen und so eine Portion täglich ergänzen. Außerdem findest du hier eine ausführliche Liste veganer Eiweißquellen mit ihrem jeweiligen Gehalt an Protein.

Trainingsvolumen und Steigerung

Ein weiterer kritischer Punkt für Sport und Zyklus ist dein gesamtes Trainingsvolumen und die Steigerungen.

In einem Punkt haben die „Anti-Cardio“-Hormongurus Recht: Sport IST Stress für deinen Körper. Das ist der Punkt von Training. Denn nur durch den Trainingsreiz erfolgt auch eine Anpassung in deinem Körper. Und genau das ist das Ziel von Trainingseinheiten.

Wird der Reiz zu groß, kann dein Körper sich nicht mehr anpassen. Ist der Reiz zu niedrigschwellig, besteht für deinen Körper keine Notwendigkeit, überhaupt etwas an seinen Strukturen oder dem Stoffwechsel zu verändern.

Viele Menschen, die berichten, dass Cardio ihren Hormonhaushalt durcheinanderbringt, haben entweder zu wenig gegessen oder zu schnell zu viel von sich verlangt. Bei einem Übertraining kann es passieren, dass die Fertilität eingeschränkt und der Zyklus gestört wird. Das kann sich dann in unregelmäßigen Zyklen, ausbleibenden Eisprüngen oder einer kompletten Amenorrhoe äußern.

Achtest du jedoch darauf, dein Trainingsvolumen (also die Gesamtmenge an Trainingseinheiten, Sätzen, Dauer und Intensität) moderat zu gestalten und nur allmählich zu steigern, gibt es grundsätzlich nichts zu befürchten.

Wie viel und intensiv du genau trainieren kannst, hängt von deinem Trainingszustand, deinem Gesamtstresslevel und deiner Regenerationsfähigkeit ab.

Schlaf und Erholung

Bevor du dein Training nach Zyklus optimierst, solltest du auch einen Blick auf deinen Schlaf und deine Regeneration setzen. Schläfst du pro Nacht 7-9 Stunden? Ist deine Nacht erholsam? Hast du mindestens ein bis zwei komplette Ruhetage pro Woche, an denen du deinem Körper die Chance gibst, komplett zu regenerieren?

Wenn all diese Punkte zutreffen, bist du auf einem sehr guten Weg.

Zyklus und Sport - wie beeinflussen sie sich gegenseitig?

Training nach Zyklus: So synchronisiert du Sport und Menstruationszyklus richtig

Bist du alle fünf Punkte durchgegangen und hast dort wirklich keinen Optimierungsbedarf mehr? Herzlichen Glückwunsch, damit bist du unglaublich fortgeschritten und zeigst, dass du wahnsinnig gut für dich sorgst.

Wenn du dir nun wünschst, einen Schritt weiterzugehen, kann das Training nach Zyklus das I-Tüpfelchen werden.

Doch wie funktioniert Training nach Zyklus nun eigentlich richtig?

Da es bisher keine allgemeingültigen Empfehlungen für das Training nach Zyklus gibt, ist die einzig sinnvolle Herangehensweise, deine eigenen Beschwerden und Symptome im Laufe des Zyklus kennenzulernen und zu beobachten.

Anstatt dir also einen Zyklus-Trainingsplan von einem Hormoncoach herunterzuladen, schaust du individuell und passt auf dieser Basis bei Bedarf dein Training an.

Bedenke: es ist ein größerer Stress für deinen Körper, wenn du jede Woche ein anderes Trainingsprogramm verfolgst, als wenn du an einem dranbleibst und z.B. durch die Steuerung mit RPE (Rate Of Perceived Exertion) bei Bedarf die Intensität modifizierst. Das Ziel sollte also immer ein vernünftiger Trainingsplan als Grundlage bleiben.

Wenn du feststellst, dass du in der Lutealphase Symptome hast und dich leistungsschwächer fühlst, können dir folgende Punkte helfen:

  • Zusätzliche Ruhetage
  • Intensität nach RPE steuern
  • 2-12% erhöhte Kalorienzufuhr
  • Time deine Kohlenhydrate rund ums Training
  • Koffein vor dem Training
  • Sauerkirschextrakt für besseren Schlaf

Auch während der Periode musst du nicht „Ruhepause“ einlegen. Wenn du dich erschöpft fühlst/Schmerzen hast und einen extra Restday wünschst – tu das. Aber du schadest dir nicht mit Training während der Periode.

Quellen:

https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fphys.2020.00517/full

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32661839/

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34047411/

Frauen & Fitness: So geht Training nach Zyklus richtig!

Author: Paula Thomsen

Paula Thomsen ist die Gründerin von Laufvernarrt. Mit ihrer gebündelten Expertise als staatlich anerkannte Physiotherapeutin, Ernährungsberaterin und Personal Trainerin widmet sie sich ganzheitlich und fundiert den Themen rund um Fitness, Ernährung, Training und mentale Gesundheit.