Übertraining & Overreaching – körperliche Erschöpfung durch Sport
Kannst du ein Overreaching vom handfesten Übertraining unterscheiden? Kennst du das Gefühl, wenn du dich durch den Sport körperlich erschöpft und müde fühlst? Wenn dein Antrieb und deine Leistungsfähigkeit sinken?
Als ich mich das erste Mal im Übertraining befand, war mir gar nicht bewusst, das ein Solches überhaupt existiert. Damals spürte ich nur diese bleierne Müdigkeit und Erschöpfung, die nicht mehr nur nach dem Sport Normalzustand wurde. Erst als meine Leistungsfähigkeit radikal absank und ich mich immer wieder verletzte, begann ich mich ernsthaft mit dem Thema „Übertraining“ auseinanderzusetzen. Übertraining – das ist kein Mythos. Dafür aber ein handfestes Problem, wenn du es mit dem Sport übertreibst.
Wieviel Training ist zu viel? Was kann dein Körper verkraften? Bei welchen Symptomen sollten deine Alarmglocken leuchten? Wann ist die Erschöpfung nach dem Sport nicht mehr förderlich?
Ich möchte dich im heutigen Artikel für alle Fakten rund ums Übertraining und Overreaching sensibilisieren.
Du erfährst:
- Übertraining & Overreaching – Was ist das eigentlich und wo liegt der Unterschied?
- Wie entsteht das Übertraining?
- Übertraining & Overreaching Symptome – Wie macht sich das bemerkbar?
- Wege aus der Übertrainingsfalle
Was ist Übertraining? Sport bis zur Erschöpfung
Wenn du mich fragst, ist Übertraining eines der meist unterschätzten Risiken, die mit Sport einhergehen. Ich spreche hier nicht von regelmäßigem moderaten Sport. Ich spreche hier von intensivem Sport, starken Belastungen und einem nicht mehr sinkenden Stresspegel. Übertraining, das fühlt sich an, als hättest du eine Prüfungsphase, einen achtzig Stunden Job und fünf verschiedene Viruserkrankungen gleichzeitig durchgemacht. Übertraining bedeutet Erschöpfung und bleierne Müdigkeit. Übertraining bedeutet, dass du deinem dauerhaft Körper mehr abverlangt hast, als er zu regenerieren in der Lage ist.
Wenn du erstmal im Übertraining steckst, kann es Wochen oder Monate dauern, dich von dieser Erschöpfung richtig zu erholen.
Was ist Overreaching und wo liegt der Unterschied zum Übertraining?
Während Übertraining ein Zustand ist, den du tunlichst vermeiden solltest, kann der kleine Bruder, das Overreaching, in manchen Fällen sogar gewollt sein. Im ersten Stadium ist das Übertraining eigentlich nichts anderes als ein Overreaching. Du hast kurzfristig über deiner Leistung trainiert und deinem Körper mehr abverlangt als er regenerieren konnte. Der Erschöpfungszustand ist allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht manifestiert. Vielmehr kannst du nun sogar noch eine Leistungsverbesserung erreichen, indem du dich einige Tage entlastest und erholst.
Der Unterschied zwischen Overreaching und Übertraining ist also die Dauer. Du kannst dir sicherlich schon vorstellen, dass das ein sehr schmaler Grat ist. Der Verlauf ist fließend. Wenn du nicht rechtzeitig die Regenerations-Bremse ziehst, wird aus einem Overreaching irgendwann ein handfestes Übertraining, was dich mitunter Monate deiner Trainingszeit kosten kann.
Wie entsteht das Übertraining?
Übertraining entsteht durch eine dauerhafte Überbelastung. Wenn du deinem Körper längerfristig mehr abverlangst als er regenerieren kann, gelangst du zuerst ins Overreaching und dann ins Übertraining. Beim Übertraining kann dein Körper nicht mehr ausreichen Reparaturarbeiten leisten. Aber auch das zentrale Nervensystem wird überreizt. Es entsteht eine Veränderung in der Weiterleitung von Nervenimpulsen von deinem Gehirn über das Rückenmark in die Muskeln.
Diese Überbelastung entsteht meistens durch eine Veränderung an deinem Training. Zum Beispiel:
- Erhöhung der Trainingsfrequenz.
- Erhöhung der Trainingsintensität.
- Erhöhung des Trainingsumfangs.
Aber es gibt noch weitere Faktoren, die die Entstehung von Übertraining begünstigen:
- Mangelnde Regeneration.
- Emotionaler Stress.
- Trainingserfahrung.
- Genetische Faktoren (schlechtere Regenerationsfähigkeit, Erkrankungen, etc.).
Das Übertraining kann jeden Sportler betreffen. Deshalb ist es so wichtig, dich für die Symptomatik und Entstehung zu sensibilisieren.
Übertraining & Overreaching Symptome – Wie macht sich der Erschöpfungszustand bemerkbar?
Wie schon erklärt: Der Hauptunterschied zwischen Übertraining und Overreaching liegt in der Dauer des anhaltenden Zustandes. Deswegen sind sich beide Bilder auch sehr ähnlich in ihren Symptomatiken.
Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- bleierne Müdigkeit, starkes Schlafbedürfnis, Schlafstörungen (länger und weniger erholsam, Einschlaf-/Durchschlafprobleme)
- starker, langanhaltender Muskelkater
- Wassereinlagerungen (besonders Füße/Beine, Gesicht)
- blasse Haut, Hautveränderungen
- veränderter Puls (höherer Ruhepuls, höherer/niedriger Puls bei gleicher Belastung)
- Leistungsabfall
- Kopfschmerzen, Halsschmerzen, morgendliches Erkältungsgefühl
- sinkende Libido
- Konzentrationsprobleme, Rastlosigkeit, Stressgefühl, schnelle Reizbarkeit
- Gelenk- und Gliederschmerzen, Sehnenansatzreizungen, Muskelschmerzen
- erhöhte Verletzungsneigung
- Koordinationsstörungen, Gleichgewichtsstörungen, Kreislaufprobleme
- Magen-Darm-Beschwerden
- depressive Verstimmungen bis hin zu Depressionen
- steigender Körperfettanteil, sinkender Muskelanteil, Ausbleiben von Gewichtsverlust
- geschwächtes Immunsystem
- Heißhunger, Veränderungen am Appetit wie Appetitlosigkeit oder fehlende Sättigung
- mangelnde Motivation, Antriebslosigkeit, verminderte Freude am Sport
Wenn du mehrere Symptome bei dir feststellst, kann es sein, dass du dich je nach ihrer Ausprägung im Overreaching oder sogar im handfesten Übertraining befindest.
Raus aus dem Übertraining – Das kannst du tun, wenn es dich doch mal erwischt.
Hast du gerade festgestellt, dass du dich im Übertraining oder im kleinen Bruder, dem Overreaching, befindest? Die Erkenntnisse ist wertvoll! Nun wird es absolute Zeit zu handeln.
Die Behandlung von Übertraining ist simpel, aber nicht leicht. Denn bei dieser Behandlung geht es vor Allem um eines: Regeneration. Wenn du das Übertraining oder auch nur das Overreaching hinter dir lassen willst, kannst du das nur, indem du dich vollständig erholst.
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Mache eine radikale Trainingspause
Ich empfehle dir, so lange komplett zu pausieren, bis sich die Lust auf Sport wieder einstellt. Bedenke: Das Übertraining ist mehr als ein Schweinehund, kommt dir aber manchmal nur so vor. Als erfahrene Sportler sind wir in der Lage, Schmerz lange zu ignorieren und Müdigkeit zu überwinden. Obwohl das eben im Fall von Overreaching und Übertraining nicht der richtige Weg ist. Ein paar Tage radikale Pause oder gar ein bis zwei Wochen können in solchen Fällen Wunder wirken.
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Vermeide hartes Training.
Für den Zeitraum der Erschöpfung ist hartes Training Tabu. Das bedeutet, dass du kein schweres Krafttraining mit Maximalgewicht, keine intensiven Intervalle oder HiiT absolvieren solltest. Auch wenn diese Trainingsformen dir noch mehr helfen, deine körperlichen Signale zu ignorieren – lass das. Es bringt dich nicht weiter.
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Verringere Umfang und Intensität deines Trainings.
Du kannst weniger, weniger intensiv und vielleicht sogar seltener trainieren, um deinen Körper zu unterstützen. Bevorzuge kurze und lockere Ausdauereinheiten, die deinen Puls nicht zu hoch schießen lassen. Mach lockeres Krafttraining, das keinen neuen Muskelkater auslöst. Nutze die Zeit für Mobility und Yoga. Und reduziere die Gesamtbelastung.
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Schaffe Ausgleich auf andere Arten.
Ich weiß, diese Phase kann besonders psychisch extrem zehrend sein, wenn du dein Training so radikal herunterfahren und pausieren musst. Deshalb sorge besonders hier für Ausgleich: Meditieren, Spaziergänge, wenig intensive Wanderungen, schlafe ausreichend und ernähre dich gut.
Die beste Behandlung gegen Übertraining ist Prävention. Von vornherein eine vernünftige Trainingsplanung und ein achtsamer Umgang mit dir und deinem Körper ist die wichtigste Voraussetzung, um gar nicht erst ins Übertraining zu gelangen. Lerne deine Grenzen kennen und achten. Lerne die Unterschiede zwischen „dem Schweinehund“ und Overreaching/Übertraining kennen und verstehen.
Gehe bewusst mit dir und dem Training um! Du hast nur den einen Körper. Keine Angst – Ein Overreaching und schon gar kein Übertraining entsteht nicht über Nacht. Bevor du dich wirklich so ins Aus schießt, ignorierst du eine ganze Weile deine körperlichen Warnsignale und die Vorboten. Also bleib achtsam!
Welche Erfahrungen hast du mit Übertraining und Overreaching gemacht?
Hallo liebe Paula,
vielen Dank für diesen hilfreichen Blogpost, der mir noch einmal richtig die Augen geöffnet hat!
Auch ich habe schon Erfahrungen mit Übertraining gemacht, welches sich bei mir auch stark auf Lebensbereiche außerhalb des Sports ausgewirkt hat – in der Uni konnte ich mich zum Beispiel in der Zeit kaum konzentrieren, weil ich körperlich einfach so k.o. war. Als Sportstudentin fällt es mir ziemlich schwer, einmal komplett die Füße stillzuhalten und meinem Körper die nötige Zeit zur Regeneration zu geben, da ich mich sehr mit der Rolle der „Sportlichen“ identifiziere, zumal damit auch immer ein gewisses Maß an Anerkennung einhergeht.
Mir persönlich hilft es dann oft, für ein paar Tage aus dieser Blase – sprich: meiner gewohnten Umgebung – herauszutreten, um zu erkennen, das es auch viele andere Dinge gibt, die einen zu einem besonderen Menschen machen. Aber ich denke, dass die Ursachen für Übertraining sehr sehr unterschiedlich sein können, und somit auch die Bewältigungsstrategien.
Liebe Grüße
Lea
Liebe Lea,
Danke für deinen tollen und so ausführlichen Kommentar! Das ist immer wertvoll, wenn Menschen hier ihre Erfahrung teilen.
Ich kann dich super gut verstehen – mir ging es schon öfter genauso. Aber schön, wenn du inzwischen deinen Weg hinaus kennst.
Absolut – ich stimme dir zu. Die Ursachen für Übertraining sind sooo unterschiedlich, aber oft irgendwo in der Psyche verankert. Da hilft nur Achtsamkeit und radikale Ehrlichkeit sich selbst gegenüber.
Liebe Grüße,
Paula
Mir ging’s bis vor ein paar Wochen ähnlich. Angefangen mir einer Entzündung am Beckenkamm durch Übertraining beim Laufen… bis das diagnostiziert war dauerte es, weitertrainiert unter Schmerzen habe ich trotzdem, halt weniger Laufen, mehr Fitnessstudio, Spinning… trotzdem fehlte mir auch da zunehmend die Kraft, der Spaß sowieso. Nachdem die Entzündung behandelt war, kamen Atembeschwerden, viel zu hoher Puls beim Laufen dazu, ich hatte das Gefühl Nase und Hals wären dicht… Beim Arzt außer leicht erhöhten Allergiewerten nichts feststellbar. Vielleicht war auch dies Übertraining?! Inzwischen geht es mir besser, bin wieder auf einem guten Weg….
Liebe Svenja, ich kann dich so gut nachvollziehen! So wie du es beschreibst, kann es entweder ein Infekt, die Reaktion auf deine Allergie oder eine Art Overreaching sein. Beobachte dich und pass gut auf dich auf. Du schaffst das 🙂
Liebe Grüße
Paula
Mein Ruhepuls liegt zwischen 37 und 45, nach einer sehr intensiven Trainigswoche (Radeln), zwischen dem 24. Dez. und dem 31. Dez. habe Ich einen Ruhepuls zwischen 65 und 90, habe jetzt die dritte Woche pausiert und nur vor drei Tagen eine Radfahrt unternommen, ich kam völlig geplättet heim, hatte kaum Druck aufbauen können.
Ich fühle mich so nicht schlecht, habe nur keine Leistung mehr….was ist los?
Ich fahre ca. 10.000km seit etwa 5 Jahren. Ich bin 45 Jahre alt
Liebe Grüße
Olli
Hilfe 😕
Ich weiß nicht ob ich mich im Overreaching oder Übertraining befinde.
Mache eigentlich fast regelmäßig kleine laufeinheiten 4km und morgens 50-70Liegestütz. Nie Probleme gehabt !
Habe mich vor 3 Wochen wieder beim Fitness angemeldet bin niedrig angefangen und leicht gesteigert und immer gewartet bis der M-Kater weg war. Montag bisschen weniger Schlaf und einer Laufeinheit 4km fing es an. Sodbrennen depressive Stimmung, direkt Muskelschmerzen in den Beinen, tausend Gedanken,Einschlaf Probleme (3stunden ca). Hab bis jetzt Pause gemacht und fühl mich immer noch ein wenig benebelt und meine Arme fühlen sich kraftlos komisch an.
Da ich mich vor ein paar Jahren schonmal im Übertraining befand habe ich natürlich jetzt direkt Pause eingelegt!
Meine Frage ist ob ich mich bereits im Übertraining befinde oder hab ich noch mal Glück gehabt, wenn ich 1-2 Wochen pausiere? Lg Christian 33 Jahre
Hi Christian,
Danke für deinen Kommentar und deinen Vertrauen. Was genau das ist, kann ich dir als Ferndiagnose nicht sagen. Pausiere erstmal und beobachte wie es dir geht. Bei Bedarf konsultiere eine*n Arzt/Ärztin und lasse dich durchchecken.
Viele Grüße und gute Besserung.