Der ideale Wettkampftag – so schaffst du dein bestes Rennen
Es ist so weit: Dein Wettkampftag rückt näher. Du hast dich über Wochen oder Monate auf dein großes Rennen vorbereitet und willst nun alles an deinem Wettkampftag aus dir herausholen. Viele Läufer:innen unterschätzen, wie wichtig die Vorbereitungen der letzten Minuten sind und wie viel am großen Tag nochmal schief laufen kann. Damit für dich alles in trockenen Tüchern ist, du die größten Fehltritte vermeiden kannst und dein bestes Rennen genießen kannst, erhältst du hier die besten Tipps.
Fotos (c) Akemi Hoshi Photographie, Andy Astfalck
Der ideale Wettkampftag – so schaffst du dein bestes Rennen
Wenn du ein:e ambitionierte:r Läufer:in bist und mehrere Monate in deine Vorbereitung auf ein Rennen investiert hast, dann willst du natürlich, dass alles an deinem Wettkampftag hervorragend läuft. Meistens ist der Trainingsplan bis ins kleinste Detail durchdacht, du hast wahrscheinlich nahezu jede Einheit eingehalten und dich konsequent gesteigert. Doch das richtige Verhalten für den Wettkampftag wird oft unterschätzt.
Dabei kann das einen riesigen Unterschied machen und über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.
Das richtige Tapering kann deine Leistungsfähigkeit um einige Prozent erhöhen.
Das korrekte Carboloading schenkt dir weitere Prozent Geschwindigkeit.
Und die richtigen Vorbereitungen für das Rennen sind essentiell, um deine Nerven zu schonen, dir Stress zu ersparen und dich auf das Wesentliche zu fokussieren.
Was du für deinen Wettkampftag wissen und beachten solltest, verrate ich dir deshalb jetzt.
Kenne deine Strecke
Schaue dir schon im Voraus Karten und Höhenprofile für deine Wettkampfstrecke an. Du kannst auch Menschen befragen, die diese Strecke bereits gelaufen sind oder online Erfahrungen dazu lesen. Einige Punkte, die besondere Aufmerksamkeit erhalten sollten, sind:
- Steigungen und Gefälle auf der Strecke
- Straßen- und Streckenkonditionen
- Die letzten paar Kilometer und insbesondere der letzte Kilometer
- Position von Verpflegungsstationen und Toiletten
So kannst du dich mental auf die Route vorbereiten und für dich selbst überlegen, an welchen Punkten du möglicherweise dein Tempo anpassen solltest, wie du deine eigene Verpflegung planst und wo die Strecke kritisch ist.
Halte die Wettervorhersage im Blick
Das Wetter und die Temperaturen an deinem Wettkampftag können deine Kleidung, Verpflegung und die komplette Pacing-Strategie beeinflussen. Darum ist es wichtig, die Wettervorhersage im Blick zu behalten und regelmäßig zu überprüfen.
Um dich auf alle möglichen Wetterbedingungen vorzubereiten, solltest du auch unter verschiedenen Bedingungen trainieren.
Regen, Sturm und Hitze können beispielsweise alle bei einem Sommer-Wettkampf vorkommen und dir den Lauf erschweren.
Im Winter kann es zu Eisglätte und Schneefall kommen.
All das sind Dinge, die den Verlauf deines Rennens bestimmen.
Passe deine Erwartungen für den Wettkampftag an
Je nachdem, wie gut oder schlecht deine Vorbereitung gelaufen ist, kann es sein, dass du kurzfristig deine Erwartungen für den Wettkampftag anpassen musst.
Möglicherweise musstest du einige Wochen deines Trainings aussetzen oder modifizieren, weil du krank oder verletzt warst. Dann ist es wichtig, ein realistisches Zeitziel zu setzen, das diese Veränderungen einbezieht.
Du kannst kein Rennen laufen, auf das du nicht vorbereitet bist. Sei also ehrlich zu dir selbst, wo du mit deiner Vorbereitung und Leistungsfähigkeit stehst.
Bereite dich auf das Unvorhersehbare vor
Es klingt paradox, aber sehe dich darin vor, dass Unvorhersehbares am Wettkampftag passieren kann und in vielen Fällen sogar wird.
Während deines Rennens und davor kann alles Mögliche passen, was du nicht vorhersehen konntest.
Was du dann brauchst, ist ein flexibles Mindset und die Offenheit dafür, spontane Anpassungen vorzunehmen. Es ist darum wichtig, dass du dich mental darauf vorbereitest, dass Dinge nicht nach Plan laufen werden und du dich trotzdem sicher fühlen und mit deiner Angst umgehen kannst.
Mögliche „vorhersehbare Unvorhersehbarkeiten“ am Wettkampftag sind:
- Schlechtes Wetter: Regen, Wind, sehr heiße oder kalte Temperaturen
- Strecken-Änderungen
- Veränderte Startzeit
- Krankheit
- Schmerzen
- Krämpfe
- Verletzung
- Andere Verpflegung an Verpflegungsstationen als vorhergesehen
- extreme Erschöpfung
- Stolpern oder Fallen
- Blasen oder Reibungsstellen
- Verlaufen
- Fehlfunktionen deiner Sport-/GPS Uhr
Gehe die Liste am besten einmal für dich durch und überlege, welche dieser Punkte dich am meisten aus dem Konzept bringen und stressen würden. Lege dir für genau diese Punkte einen Plan zurecht. Wie gehst du damit um? Was würdest du tun? Wie kannst du dir selbst in diesen Situationen mit deinen Emotionen beistehen?
Die 4 häufigsten Probleme am Wettkampftag – was tun?
Vier besonders häufige Probleme, die am Wettkampftag auftreten können, sind:
- Krankheit
- Schmerz/Verletzung
- Krämpfe
- Harte Wetterbedingungen
Was du jeweils tun solltest, wenn eines oder mehrere dieser Probleme auftritt, erfährst du jetzt.
Krankheit
Kranke Sportler:innen gehen nicht an den Start eines Wettkampfs.
Dieser Punkt ist indiskutabel, weil du am Wettkampftag Höchstleistungen von dir verlangst und einem enormen Stress ausgesetzt bist.
Gehst du trotz Krankheit an den Start, riskierst du möglicherweise schwere Folgen, die nicht nur deine Leistungsfähigkeit während des Rennens beeinflussen, sondern deine Gesundheit ernsthaft und dauerhaft gefährden können.
Kein Wettkampf der Welt ist ein solches Risiko wert.
Schmerz und Verletzungen
Wenn du dich gut auf den Wettkampftag vorbereitet hast, solltest du dein Risiko für Verletzungen minimiert sein.
Doch manchmal können trotz einer großartigen Vorbereitung während eines Rennens eine Verletzung oder Schmerzen auftreten.
Dann ist es wichtig, eine vernünftige Entscheidung zu treffen, ob du weiterlaufen oder abbrechen solltest.
Gründe abzubrechen sind:
- Die Verletzung wird sich verschlimmern, wenn du weiterläufst
- Verletzungen am Kopf oder Rücken
- Starke Schmerzen (>4/10 auf der Schmerzskala)
- Vermutung einer Band- oder Sehnenverletzung
- Knochenbruch
- Potenzial für Infektionen
Wenn du unsicher bist, ob du weiterlaufen kannst oder nicht, solltest du unbedingt medizinische Unterstützung an einer Hilfestation in Anspruch nehmen.
Harte Wetterbedingungen
Behalte die Wettervorhersage im Blick und bereite dich auf jedes Wetter vor.
Habe Wechselkleidung und Optionen für alle möglichen Wetterbedingungen dabei.
Passe bei extremen Wetterbedingungen wie z.B. Sturm oder Hitze deine Wettkampfgeschwindigkeit an.
Muskelkrämpfe
Durch starke Belastungen während des Rennens können Muskelkrämpfe auftreten. Wenn so ein Krampf auftritt und du ihn durch Dehnen oder Selbstmassage in den Griff bekommst, kannst du normalerweise weiterlaufen. Sind Krämpfe so stark, dass sie auch durch eine kurze Pause, Selbstmassage und Dehnen nicht gelindert werden können, dann solltest du dein Rennen abbrechen.
Die größten Risikofaktoren für Muskelkrämpfe sind:
- sehr hohe Intensität beim Laufen
- längere Distanzen als in der Vorbereitung
- Möglicherweise Niedrige Glykogen- und Elektrolytspeicher
- Möglicherweise Dehydratation
Die letzten beiden Punkte sind aktuell etwas umstritten, weshalb du in den meisten Fällen eher von einer Überlastung ausgehen kannst. Entscheide nach Intensität der Krämpfe, ob ein Weiterlaufen vernünftig und möglich ist.
Die Woche vor deinem Wettkampftag
Die Woche vor deinem Wettkampftag legt das Fundament für dein erfolgreiches Rennen. Das Ziel ist es, dich in dieser Zeit möglichst gut zu erholen und zu entspannen und alle praktischen Überlegungen und Vorbereitungen abzuschließen. So nimmst du dir eine Menge Stress am großen Tag und kannst sicher sein, dass du entspannt an den Start gehst.
Die wichtigsten drei Vorbereitungen in der Wettkampfwoche sind:
- Ruhe und Erholung
- Die richtige Ernährung
- Packen deiner Wettkampftasche
Ruhe und Erholung in der Wettkampfwoche
In der Wettkampfwoche ist es wichtig, deine Energie zu schützen und den Energieverbrauch zu senken. Dabei geht es nicht nur um deutlich weniger und kürzere Trainingseinheiten, sondern auch um andere energieverbrauchende Aktivitäten wie z.B. exzessive Spaziergänge, harte körperliche Arbeit und mehr. Je länger dein Rennen ist, umso wichtiger ist diese reduzierte Aktivität.
Mache also nicht den Fehler, deine reduzierten Trainingsumfänge durch stundenlanges Wandern im Wald auszugleichen oder stattdessen die Holzvorräte für den Winter zu hacken.
Erlaube dir die Ruhe und Erholung, auch wenn es manchmal schwerfällt.
Ernährung
Während deiner Wettkampfwoche machst du keine Experimente und versorgst deinen Körper mit ausgewogener Nahrung und Lebensmitteln, an die du dich bereit gewöhnt hast.
In den letzten 2-3 Tagen vor dem Wettkampf erhöhst du stark deine Kohlenhydratzufuhr auf 8-12g/KG Körpergewicht (weibliche Athlet:innen sogar 10-12g/KG) am Tag.
Das kann bedeuten, dass du während dieser letzten 2-3 Tage sehr wenig Protein und Fett zuführst und parallel den Anteil an Ballaststoffen reduzierst.
Gute Quellen für Kohlenhydrate in dieser letzten Phase sind zum Beispiel:
- Weiße Nudeln
- Reis
- Toast, Weißbrot
- Milchreis (mit fettarmer Milch/Hafermilch)
- Hirse
- Haferflocken
- Müsli (auf Fettgehalt achten)
- Cerealien (auf Fettgehalt achten)
- Bananen
Reduziere hier bewusst deine Fettzufuhr, um deine Kalorien nicht unnötig in die Höhe zu treiben und die Verdauung zu erleichtern. Isst du parallel zu der großen Menge Kohlenhydrate auch noch extrem viel Fett und Ballaststoffe, fühlst du dich vermutlich träge und vollgestopft und belastest deinen Verdauungstrakt unnötig.
Gehe also vorsichtig mit Hülsenfrüchte, Nüssen, Obst, Gemüse und Vollkornprodukten um.
Wettkampftasche packen
Dafür, dass Laufen eigentlich ein sehr minimalistischer Sport ist und du wenig Dinge für seine Ausübung benötigst, kann das Packen deiner Wettkampftasche manchmal ziemlich ausarten. Aus gutem Grund! Denn es ist wichtig, dass du auf alle Szenarien vorbereitet bist und deine gewohnte Ausstattung dabei hast.
In deine Wettkampftasche gehört zum Beispiel:
- Laufschuhe
- Socken
- Anti-Reibungs-Balsam
- Laufkappe
- Laufkleidung (Shorts, Shirt, Tights, BH, etc.)
- Sonnenbrille
- Kompressionsstrümpfe, falls du sie nutzt
- Kleidung zum Wegwerfen bei kalten Events
- Verpflegung für vor und nach dem Wettkampf
- Verpflegung für das Rennen
- Trockene Kleidung und Schuhe zum Wechseln
- Wasserfester Sonnenschutz
- Personalausweis
- Handtücher
- Toilettenpapier
- Medizinische Essentials (z.B. Insulin, Inhalator, oder andere Medikamente, die für dich notwendig sind)
- Herzfrequenzsensor
- Sportuhr
- Wegweiser für den Wettkampf
- Smartphone
- Portemonnaie/Geld
- Reservierungsinformation für die Unterkunft, Transport, das Rennen etc.
- Wettkampfinformationen, Wettkampfnummer, Zeitmesser, etc.
- Regenkleidung
- Zweites Set Laufkleidung
- Getränkeflaschen
- Notfallkontakt-Informationen (z.B. als Armband)
Der Tag vor dem Wettkampf
Am letzten Tag vor dem Wettkampf stehen dann noch drei Dinge im Vordergrund, um du dich kümmern solltest.
1.) Last Minute Vorbereitungen
Das umfasst alle „operativen“ Dinge wie z.B. deine Startnummer abzuholen oder die Besorgung von Dingen, die du kurz vorher noch benötigst – beispielsweise Verpflegung, Hydration und Kleidung zum Wegwerfen.
Lege außerdem deine Kleidung, Sportuhr und alle Dinge, die du am Wettkampftag benötigst, bereit.
2.) Versorge dich vernünftig
Am letzten Tag ist es wichtig, dass du gewohnte Nahrungsmittel und viele Kohlenhydrate isst, Ballaststoffe reduzierst und dir Ruhe gönnst. Vermeide es dennoch, dich zu überessen und am Abend vorher noch „vollzustopfen“.
Außerdem solltest du daran denken zu trinken, trinken, trinken.
Durch die erhöhte Kohlenhydratzufuhr kann es passieren, dass du auch ein wenig Wasser einlagerst. Das ist ganz normal und nichts, was dich beunruhigen sollte.
3.) Erholung
Reduziere deine Aktivität an diesem Tag auf ein absolutes Minimum.
Der Wettkampftag – dein Zeitplan für das große Rennen
Damit alles am Wettkampftag gut verläuft, solltest du dir einen groben Zeitplan erstellen und dich an ihn halten. Dieser könnte beispielsweise so aussehen und sollte diese Punkte beinhalten:
- 4:45 Uhr aufstehen
- 5:15 Frühstück
- 6:15 Laufkleidung anziehen
- 7:30 Weg zum Event
- 8:00 Pre-Race Fueling
- 8:15 Toilettenpause
- 8:30 Warm Up
- 9:00 Start des Rennens
Die genauen zeitlichen Abläufe richten sich natürlich nach der Logistik und deiner individuellen Präferenz.
Frühstück am Wettkampftag
Bedenke, dass das Frühstück am Wettkampfmorgen nicht mehr zu groß ausfallen sollte und du hier ausschließlich auf bewährte Mahlzeiten setzt. Idealerweise hast du bereits den zeitlichen Ablauf in deinen Long Runs trainiert und weißt, welches Frühstück du mit welchem Zeitabstand du vor deinem Rennen verträgst.
Einige Möglichkeiten sind – je nach Verträglichkeit:
- Milchreis mit fettarmer Milch/Pflanzenmilch und Zimt-Zucker
- Haferbrei
- Cerealien/Müsli mit fettarmer Milch/Pflanzenmilch
- Toast oder Brötchen mit Marmelade
Gehe auch hier sparsam mit Fettquellen, Ballaststoffen und Proteinen um. Wenn du noch Obst verzehren kannst und magst, bevorzuge leicht verdauliche Sorten wie z.B. Bananen.
Wenn du keine feste Nahrung mehr essen kannst, weil du zu aufgeregt bist, nutze zuckerhaltige Getränke, Kakao und Babynahrung, um zumindest ein paar Kohlenhydrate aufzufüllen und deinen Magen zu beruhigen.
Trinke keine großen Portionen mehr auf einmal in den letzten 2-3 Stunden. Stattdessen verteile lieber kleinere Mengen von 150-200ml auf Intervalle von allen 15-20 Minuten.
Pacing-Strategie
Kurz vor dem Start wärmst du dich ein wenig auf. Je kürzer deine Distanz ist, umso wichtiger ist das Aufwärmen. Bei kurzen Rennen empfehle ich mindestens 10-15 Minuten inklusive einiger submaximaler Steigerungen. Bei einem Halbmarathon oder Marathon kann das Warm Up etwas kürzer ausfallen.
Am wichtigsten für dein Rennen ist dann nur noch deine Pacing-Strategie, also wie du deine Geschwindigkeit einteilst.
Dabei ist ein sogenannter „negativer Kilometersplit“ immer zu bevorzugen.
Das bedeutet, dass du gegen Ende schneller läufst als zu Beginn. So vermeidest du es, zu overpacen und am Ende einzubrechen. Genau auf diese Art werden Bestzeiten aufgestellt!
Und so geht’s:
- Plane für die erste Hälfte oder das erste Drittel eine etwas langsamere Geschwindigkeit.
- Bei einem Halbmarathon oder Marathon läufst du in dieser Zeit 10-20 Sekunden langsamer als deine Ziel-Geschwindigkeit (z.B. deine Ziel-Geschwindigkeit ist 5:00 min/km, also startest du mit 5:10-5:20).
- Bei einem 5-10km-Lauf läufst du in dieser Zeit 5-15 Sekunden langsamer als deine Zielgeschwingkeit.
- Nach dem ersten Drittel oder der ersten Hälfte erhöhst du – wenn möglich – dein Tempo.
- Erst auf den letzten paar Kilometern gehst du an dein Maximum, wenn dann noch Luft nach oben ist.
Fazit – so schaffst du dein bestes Rennen
Der Wettkampftag ist ein kritischer Part deiner Vorbereitung auf ein Rennen. Mit den Tipps und Anregungen in diesem Beitrag bist du bestens gerüstet für deinen großen Tag und kannst entspannt an die Startlinie gehen!