Race Pace – die richtige Lauf-Strategie für dein Wettkampftempo
Wie findest du die richtige Race Pace und warum ist die richtige Strategie dazu so wichtig? Mit diesem Beitrag möchte ich dir helfen, das Maximum aus deinem nächsten Wettkampf herauszuholen und gesund und fit ins Ziel zu gelangen.
Race Pace – Warum ist die richtige Strategie für dein Wettkampftempo so wichtig?
Jede:r Läufer:in, der oder die schonmal schneller gelaufen ist, kennt das:
Du läufst schnell und ambitioniert los. Anfangs denkst du vielleicht: „Das Wettkampftempo halte ich locker durch.“ oder du bist überrascht, wie leicht sich die doch recht hohe Geschwindigkeit anfühlt.
Doch nach einigen Kilometern merkst du, wie plötzlich die Luft raus ist.
Wenn du zu früh in deinem Wettkampf zu viel von dir verlangst, bezahlst du später dafür mit einem Einbruch deiner Race Pace, einer unglaublichen Erschöpfung und einem erhöhten Risiko für Verletzungen. Nicht selten führt ein solches vorgehen zu einem „DNF“ (Did Not Finish) und somit einem verfrühten Ausscheiden aus dem Rennen.
Wie bestimmst du deine Race Pace?
Der beste Weg für deine Wettkampftempo-Strategie ist es, Kosten und Nutzen deiner Race Pace abzuwägen:
- Ein zu hoher Energieverbrauch (Kosten) wird das Lauf-Ergebnis (Nutzen) verschlechtern.
- Zu geringe Kosten (=Tempo) werde dazu führen, dass du langsamer ins Ziel kommst als notwendig.
Damit du optimal performen kannst, muss dein Energieverbrauch weder zu hoch noch zu niedrig sein. Eine gute Race Pace ist darum ein absoluter Balanceakt!
Dein Wettkampftempo wird im Laufe des Training bestimmt und orientiert sich an deinem persönlichen Fitnesslevel. Am liebsten kombinieren ich dafür Tests wie den FTHR-Test und eine Übersicht von Herzfrequenz, Tempo, RPE und weiteren Faktoren. Das wird dir helfen, das richtige Wettkampftempo zu bestimmen und einzuhalten.
Deine Race Pace wird nicht durch eine fixe Idee festgelegt, weil du für dich selbst entschieden hast, dass z.B. ein Halbmarathon unter 2:00 Stunden toll wäre.
Stattdessen muss das Wettkampftempo für dich selbst realistisch sein.
Das ist auch der Grund, weshalb ich niemals eine Zielzeit verspreche, wenn eine Person ganz neu bei mir im Coaching beginnt. Jede Zielzeit ist abhängig von deinem individuellen Biofeedback und der Entwicklung deines Trainings im Laufe der Vorbereitung.
Race Pace – welche Zonen für welche Distanz?
Am besten bestimmst du deine Race Pace, wenn du deine unterschiedlichen Geschwindigkeitszonen und RPE kennst. Dir sind sicher schonmal die fünf Laufzonen begegnet. Dabei spiegelt jede dieser Zonen eine bestimmte Intensität wider.
Du kannst die Laufzonen nach Puls einteilen, doch du kannst auch die Geschwindigkeit und die RPE (Rate Of Perceived Exertion = subjektive Anstrengung auf einer Skala 1-10) je Zone für dich selbst kennenlernen oder berechnen. Diese Orientierung an den Geschwindigkeiten und der subjektiven Anstrengung ist für dein Wettkampftempo geeigneter als die pulsbasierten Zonen, weil der Puls am Wettkampftag stark schwanken kann.
Im Laufe deines Trainings wirst du ein Gefühl dafür bekommen haben, in welchen Geschwindigkeiten sich normalerweise deine Zonen etwa befinden und wie sich die Anstrengung für dich bemerkbar macht.
Folgende Orientierungen für die Zonen je nach Distanz gelten:
- Ultra Marathon: Zone 1-2
- Marathon: Zone 2-3
- Halbmarathon: Zone 3-4
- 10km: Zone 4-5
- 5km: Zone 5
- 1500m: Obere Zone 5
Natürlich setzt das voraus, dass du in einer Vielfalt an Intensitäten während deiner Vorbereitung trainiert hast.
Bist du noch Anfänger:in und hast bisher nur Zone-2-Läufe absolviert, so steht auch am Wettkampftag nur das Ankommen und ein lockerer Lauf in Zone 2 bis maximal 3 im Vordergrund.
Was ist die richtige Race Pace Strategie?
Wenn es darum geht, deinen Wettkampf erfolgreich zu bewältigen, ist eine möglichst konstante Intensität oder der Anstieg der Intensität gegen Ende der Laufdistanz der Schlüssel. Dabei geht es nicht darum, dass du zwangsläufig über der ganzen Distanz das exakte Wettkampftempo hältst, aber eine ähnliche Anstrengung. Das kann bedeuten, dass du je nach Terrain ein wenig das Tempo anpasst. Bergauf läufst du etwas langsamer, bergab etwas schneller.
Negativer Kilometersplit
Meine präferierte Herangehensweise für dein Wettkampftempo ist dabei ein negativer Kilometersplit. Dabei beginnst du etwas langsamer als du geplant hast und erhöhst ab dem ersten Drittel oder der Hälfte der Distanz deine Intensität ein wenig. So gehst du sicher, dass du zu Beginn nicht overpaced und an einem guten Tag deine beste Leistung abrufen kannst.
Insbesondere der Start ist bei einem Wettkampf oft sehr stressig und herausfordernd. Nur das Stehen in der Startlinie kann deinen Puls bereits massiv erhöhen und jede Menge Adrenalin ausschütten.
Damit du durch dieses Umfeld nicht schon in den ersten paar Kilometern deine komplette Energie verbrennst, beginnst du etwas konservativer und beschleunigst gegen Ende dafür umso mehr.
Je nach Distanz liegt dein Wettkampftempo zu Beginn dann 5-25s unter deiner eigentlich geplanten Wettkampfzeit. Als Orientierung gelten folgende Werte:
- 5-10km: 5-15s pro km langsamer starten
- Halbmarathon bis Ultra: 10-25s pro km langsamer starten
Du kannst natürlich auch deinen Lauf je nach RPE unterteilen.
- Start bis zum ersten Drittel: RPE 6/10
- Mittleres Drittel: RPE 7/10
- Letztes Drittel: RPE 8/10 – sofern du dich gut fühlst.
Bereite dich auf Ermüdung vor
Wenn du einen Wettkampf laufen willst, dann wirst du ermüden. Dein Körper wird dir schneller eine Erschöpfung signalisieren als er noch leisten könnte.
Darum ist es wichtig, dass du in der Vorbereitung auf dein Event lernst, trotz dieser Erschöpfung entspannt zu bleiben und deine RPE einzuschätzen.
Setze auf Körperwahrnehmung.
Lerne schon im Training, deinen Körper wahrzunehmen. Je besser deine Körperwahrnehmung, umso mehr wirst du auch aus deinem Rennen herausholen. Denn nur, wenn du deinen Körper verstehst und einschätzen kannst, weißt du auch, was du von ihm oder ihr verlangen kannst.
Scanne dafür regelmäßig deinen Körper und achte darauf, was sich verändert und wie er/sie sich anfühlt. Folgende Fragen können dir dabei helfen:
- Überstreckst du deinen Nacken oder starrst du nur noch auf deine Füße?
- Überstreckst du deinen Rücken oder läufst du nur noch sitzend?
- Ist dein Bodenkontakt dynamisch und schnell? Wie ist deine Schrittfrequenz? Werden die Schritte müder und langsamer?
- Bewegen sich deine Hüften dynamisch mit?
- Verkrampfst du deine Schultern? Ziehst du sie nach oben oder hältst du sie starr?
- Sind deine Hände entspannt?
- Wie ist deine Atmung? Passt sie zu deiner geplanten Race Pace?
Häufige Fehler in der Race Pace Strategie
Es ist nicht leicht, die ideale Race Pace zu finden. Du hast in diesem Beitrag schon zahlreiche Faktoren kennengelernt, die dein Wettkampftempo beeinflussen.
Grundsätzlich ist es ein Lernprozess, bei dem du sicher auch einige Fehler machen musst und dich erstmal kennenlernen musst. Doch es gibt ein paar Fehler in der Race Pace Strategie, die du vermeiden kannst, wenn du sie kennst.
Zu schnell loslaufen
Der größte und häufigste Fehler findet schon im Startbereich deines Wettkampfs statt. Selbst erfahrene Läufer:innen machen ihn, weil es so verlockend ist: zu schnell loslaufen.
Meistens führt eine Kombination an Gründen dazu:
- Aufregung
- Selbstüberschätzung
- Fehlende Selbstwahrnehmung
- Schnellere Läufer:innen um sich herum
Nicht deine eigene Race Pace laufen
Viele Läufer:innen orientieren sich nicht an sich selbst, sondern an anderen, wenn es darum geht, die eigene Race Pace zu bestimmen.
Das beginnt oftmals schon in der Vorbereitung, wenn ohne Einbeziehen der eigenen Fitness festgelegt wird, dass du z.B. einen Halbmarathon in 2 Stunden laufen willst.
Doch auch während des Wettkampfs kann es passieren, dass du dich an einem oder einer anderen Läufer:in orientierst und weniger auf deinen eigenen Körper.
Zu starke Schwankungen der Intensität
Dieser Punkt ist besonders schwierig bei Laufstrecken, die Steigungen und Hügel beinhalten.
Wenn es stark bergauf geht, musst du unweigerlich deine Pace anpassen. Du kannst dich dann nicht mehr an deiner normalen Geschwindigkeit für diese Laufzone orientieren. Das ist auch der Grund, weswegen ich so sehr auf die subjektive Anstrengung und die Körperwahrnehmung poche.
Rennst du zu schnell deine Berge hoch, verbrennst du zu viel Energie, die dann nach hinten heraus fehlt und dich langsamer macht.
Fazit – die richtige Race Pace Strategie
Die korrekte Race Pace zu ermitteln ist ein sehr schwieriges Unterfangen und benötigt sowohl eine gewisse Erfahrung als Läufer:in als auch eine gute Körperwahrnehmung und die richtige Strategie. Der größte Fehler ist es, dir Wettkampfzeiten auszudenken, die nichts mit deiner realen Fitness zu tun haben und zu Beginn des Laufs zu schnell loszurennen.
Wenn du dein ideales Wettkampftempo finden möchtest, solltest du schon während deines Trainings darauf setzen, deinen Körper und die unterschiedlichen Laufzonen kennenzulernen und mit verschiedenen Geschwindigkeiten zu experimentieren. Im Training kann es auch aufschlussreich sein, mal bewusst das Tempo etwas zu hoch zu gestalten, um zu erfahren, wie es sich anfühlt, wenn du zu viel von dir verlangst.