„No pain, no gain“ – Was ist dran?

Muss Training wehtun? In diesem Blogartikel beleuchte ich den Mythos "no pain, no gain" kritisch und gebe dir Richtlinien mit, welcher Schmerz dich weiterbringt.

„No Pain – No Gain“. In Sportlerkreisen begegnet es uns immer wieder: Es muss wehtun, du musst dich selbst überwinden, ignorier den Schmerz, trainiere ihn weg.

Hand aufs Herz, legst du sofort eine Pause ein, wenn es zwickt oder sticht? Kaum ein*e ambitionierte*r Sportler*in hört wirklich gut auf seine Körpersignale. Obwohl die meisten ein so gutes Körpergefühl hätten, dass sie wüssten, was gut für sie wäre.

Doch anstatt auf sich zu achten und bei leichten Reizungen Pause einzulegen oder einen Gang runterzuschalten, heisst es ‚No Pain, no gain‘ oder ‚Go big or go home‘.

Wer auf sich Rücksicht nimmt, wird verpönt. Wer hingegen verletzt an den Start oder in Spiel geht, dem zollt man Respekt.

Aber was steckt wirklich dahinter? Wie sinnvoll ist es, seine Schmerzgrenze zu überschreiten und sich ‚zu überwinden ? Wie sinnvoll ist „No Pain – No Gain“?


Erfahre in diesem Artikel:

  • Was Schmerz ist
  • No Pain – No Gain – wie viel Wahrheit steckt dahinter?
  • Wie viel Schmerz okay ist und
  • Warum die Vernunft manchmal über dem Ego stehen sollte

Los geht’s.

Muss Training wehtun? In diesem Blogartikel beleuchte ich den Mythos "no pain, no gain" kritisch und gebe dir Richtlinien mit, welcher Schmerz dich weiterbringt.

No Pain – No Gain – Was ist Schmerz?

Wenn wir Schmerzen haben, ist das meist ein Warnsignal unseres Körpers. Schmerzen entstehen durch Unter- oder Überlastung unserer Muskulatur, Knochengewebe, Bindegewebe, Sehnen und co. Natürlich gibt es unterschiedliche Arten von Schmerz und tausende Möglichkeiten von Ursachen. Du kennst sicher den Schmerz, wenn du schweres Krafttraining machst und die letzte Wiederholung wirklich brennt. Oder den Schmerz von Muskelkater nach einem langen Lauf. Oder Verspannungsschmerz nach einem Tag vor dem Schreibtisch… Das sind ‚harmlose‘ Schmerzen. Wenn sie länger andauern, können daraus auch richtige Funktionseinschränkungen oder Verletzungen entstehen, aber zumeist sind diese schnell wieder auskuriert durch lockeres Bewegen, dynamisches Dehnen und Rollen mit einer Faszienrolle.

Doch was, wenn aus dem Brennen der letzten Wiederholung ein nachhaltiger anhaltender Schmerz wird? Oder wenn du nicht bloß den Muskeln zum Brennen bringst, sondern vielleicht sogar zum Reißen, die Sehne zum Entzünden oder den Knochen zum Brechen? Dann hast du übertrieben. Und dann ist ‚No pain, no gain‘ die etwa ungünstigste Lösung, die dir einfallen könnte.

No Pain – No Gain: Wie viel Wahrheit steckt darin und wie viel Schmerz ist okey?

Schmerz ist etwas sehr Subjektives. Während der Eine bei ein Muskelkater furchtbar leidet, trainiert die Nächste vielleicht mit einem offenen Bruch weiter.

Fakt ist: Sport und Schmerz müssen nicht im direkten Zusammenhang stehen.

Besonders starker Schmerz oder besonders intensiver Muskelkater bedeuten nicht, dass du einen besonderen Leistungszuwachs hast.

Natürlich, nach intensiven Trainings kannst du mal Muskelkater haben, jedoch sollte dies nicht Ziel einer jeden Einheit sein. Im Gegenteil. Denn je häufiger du soweit ans Muskelversagen trainierst, umso mehr Regenerationszeit brauchst du. Das heisst – du kannst weniger oft trainieren und hast ein höheres Risiko für ein Übertraining.

Was körperliche Schmerzen betrifft könnte man sagen: „Less Pain – More Gain“ wäre passender als „No Pain – No Gain“.

Schweinehundschmerzen vs. körperliche Schmerzen

In einem Bereich allerdings könnte „No Pain – No Gain“ einen wahren Kern haben.

Welchen Schmerz ich für richtig halte, dass ist der ‚Schweinehund-Schmerz‚. Die Überwindung, noch eine Wiederholung zu machen oder noch einen Kilometer zu laufen, auch beim letzten Intervall alles zu geben. All das darf dem Schweinehund wehtun. Nicht jedoch dem Körper. Es sollte schließlich auch nie vergessen werden, warum wir trainieren. In den meisten Fällen stehen dort ja Wohlbefinden und Selbstfürsorge an einer recht hohen Stelle. Dann wird niemand von Schmerzen beim Training profitieren. Wenn es nämlich um ein besseres Körpergefühl, langfristige Gesundheit und kontinuierlichen Erfolg geht, ist körperlicher Schmerz nicht zielführend.

Muss Training wehtun? In diesem Blogartikel beleuchte ich den Mythos "no pain, no gain" kritisch und gebe dir Richtlinien mit, welcher Schmerz dich weiterbringt.

Warum die Vernunft über dem Ego stehen sollte

Besonders im Mannschaftssport und im Laufsport sehe ich immer wieder Menschen, die ihre Schmerzgrenzen nicht akzeptieren und konsequent obendrauf trainieren. In vielen Fällen geht das eine ganze Weile gut – zur Freude der Athleten, schließlich ist das auch immer ein Zeichen von ‚Härte‘. Viele Menschen zollen Respekt dafür, dass du verletzt an den Start oder ins Spiel gehst und klatschen für dich, wenn du deine „Körperliche Schwäche“ überwindest.

Natürlich. Es erfordert Stärke und große Willenskraft, seine körperlichen Schmerzen so derart zu ignorieren, dass du mit Tape, Ibuprofen oder anderen Dopings startest.

Doch ist es wirklich schwächer, sich einzugestehen, dass dein Körper Pause braucht? Ist es ein Zeichen von Schwäche, auf sich selbst zu hören und sich rechzeitig um den Körper zu kümmern, bevor sich Beschwerden manifestieren und man im schlimmsten Fall mehrere Monate, Jahre oder für immer ausfällt?

No Pain, more Gain – wie schmerzfreies Training dich langfristig an dein Ziel bringt

Betrachten wir das Ganze mal von einer anderen Seite – da haben wir den Sportler, der Rücksicht auf seinen Körper nimmt, vor dem Schmerz aufhört zu trainieren und lieber mal einen Tag zu viel Pause einlegt, um sich auszukurieren. Vielleicht macht er langsam Fortschritte, aber dafür beständig. Dagegen die Athletin, die sich permament selbst zerstört und überlastet. Sie zeigt eine Weile möglicherweise schnelle, radikale Fortschritte und ein entsprechend wachsendes Ego. Bis sie schließlich für eine längere Zeit ausfällt, weil sie mit einer ernsten Verletzung zu kämpfen hat: Schleimbeutelentzündungen, Sehnenscheidenentzündungen, Ermüdungsbruch, Bandscheibenvorfall und mehr. 


Am Ende des Jahres ist der vorsichtige Athlet ein Level höher. Er hat über’s Jahr gesehen mehr erreicht und insgesamt an mehr Tagen im Jahr trainieren können. Die ‚No Pain – No Gain‘ Sportlerin hat im schlimmsten Fall Rückschritte gemacht und kämpft zusätzlich mit der psychischen Belastung, nicht mehr so trainieren zu können, wie sie gern würde.

Also, nochmal? Welche dieser beiden Personen ist erfolgreicher in ihrem Sport?

Muss Training wehtun? In diesem Blogartikel beleuchte ich den Mythos "no pain, no gain" kritisch und gebe dir Richtlinien mit, welcher Schmerz dich weiterbringt.

Fazit

No Pain No Gain – Als Motivation zur Überwindung des Schweinehundes vielleicht nicht verkehrt, aber im Moment der Ignoranz von Schmerzzeichen ein echtes Problem. 

Achte auf dich und deine Bedürfnisse – dein Körper dankt.

Wie handhabst du das? Muss Training wehtun oder respektierst du deine Limits?

Muss Training wehtun? In diesem Blogartikel beleuchte ich den Mythos "no pain, no gain" kritisch und gebe dir Richtlinien mit, welcher Schmerz dich weiterbringt.

Author: Paula Thomsen

Paula Thomsen ist die Gründerin von Laufvernarrt. Mit ihrer gebündelten Expertise als staatlich anerkannte Physiotherapeutin, Ernährungsberaterin und Personal Trainerin widmet sie sich ganzheitlich und fundiert den Themen rund um Fitness, Ernährung, Training und mentale Gesundheit.

4 thoughts on “„No pain, no gain“ – Was ist dran?

  1. Wow, echt toll beschrieben. Ich denke viele sind bei diesem Thema angesprochen. Dieser Post regt echt zum Nachdenken dan, vielen lieben Dank!
    Ich hoffe du kannst selbst die Worte für dich nehmen und auf deinen Körper hören!

  2. Toller Beitrag,

    ja, ich kenne den Spruch auch aus meiner Anfangszeit. Wenn es dann um Schulterschmerzen ging, hieß es „no pain, no gain“ Dabei haben viele Sportler wohl damals einen ganz besonders schwerwiegenden Fehler gemacht, denn beim reinen Muskelbrennen darf man ja gerne am Ball bleiben, aber bei den passiven Strukturen unseres Körpers sollten die Alarmglocken läuten !! Im Dezember habe ich mir meine Patellasehne entzündet und kurzerhand den Satz Kniebeugen abgebrochen, mittlerweile bin ich über den Damm, aber man sollte Obacht geben, wenn unser Körper uns Signale gibt, dafür sind sie nämlich da; um sie zu verstehen und richtig zu deuten.

    Grüße Poli

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