
Lauftests für alle – so bestimmst du deine Zonen ohne Leistungsdiagnostik

Wir alle kennen Lauftests noch aus unserer Schulzeit. Der Cooper-Test war zum Beispiel ein (zumindest bei Lehrer:innen) sehr beliebter Test, mit dem die Fitness bestimmt wurde. Oft waren diese Lauftests ziemlich verhasst und vielleicht auch fragwürdig. Doch was man ihnen lassen muss, ist, dass sie dir helfen, jederzeit und überall deine Fitness und deine Laufzonen ziemlich exakt zu bestimmen, ohne eine Leistungsdiagnostik vornehmen lassen zu müssen.
Im heutigen Artikel stelle ich dir meine liebsten Lauftests vor, die ich regelmäßig mit Klient:innen im Coaching anwende, um den jeweiligen Trainingsstand und die Laufzonen zu bestimmen.
Wozu sind Lauftests gut?
Lauftests sind eine simple Möglichkeit, um deine Ausdauerfähigkeit, deine Fitness und/oder deine individuellen Laufzonen zu bestimmen. Es gibt ganz verschiedene Lauftests, die dann auch ein unterschiedliches Ziel bei der Messung verfolgen. So kannst du zum Beispiel mit dem VT1-Sprechtest nur und ausschließlich den Übergang von Zone 2 zu Zone 3 bestimmen und mit anderen Tests wie z.B. einem FTHR-Test auch ziemlich exakt alle anderen Zonen bestimmen, während der Cooper-Test „nur“ deine VO2-max schätzt.
Natürlich kannst du all diese Dinge auch in einer Leistungsdiagnostik testen lassen. Möglicherweise erhältst du dann noch exaktere Ergebnisse (sofern die Testung gut und unter den richtigen Bedingungen durchgeführt wurde), allerdings sind diese auch tagesformabhängig und solche Laboruntersuchungen mitunter sehr aufwendig und teuer.
Lauftests für „zuhause“ haben darum jede Menge Vorteile:
- du kannst sie immer und überall absolvieren
- sie lassen sich in regelmäßigen Abständen wiederholen, um die Entwicklung zu verfolgen
- dabei sind sie komplett kostenlos
- du kannst sie ganz bewusst unter unterschiedlichen Testbedingungen absolvieren und so für verschieden Szenarien einsetzen
- sie lassen sich problemlos wiederholen, wenn die Testergebnisse aus irgendeinem Grund nicht so aussagekräftig waren (z.B. frühzeitiges Abbrechen)
Für wen sind Lauftests geeignet?
Grundsätzlich gibt es für jede:n Läufer:in auch einen passenden Lauftests.
Einige Tests sind jedoch sehr intensiv und sollten darum noch nicht von Anfänger:innen absolviert werden. Ein FTHR-Test oder ein Cooper-Test setzt beispielsweise voraus, dass du es schon gewohnt bist, sehr schnell zu laufen und ein Tempo auch für eine längere Zeit durchzuhalten.
Tests wie der VT1-Sprechtest wiederum können schon in deiner allerersten Laufeinheit als blutige:r Laufanfänger:in absolviert werden, um deine Zone 2 zu bestimmen.
Welcher Test für wen geeignet ist, erfährst du gleich in jedem Abschnitt zu den jeweiligen Lauftests.
Welche Lauftests gibt es?
Es gibt unheimlich viele Lauftests, die teilweise auch die gleichen Parameter bestimmen. Dazu gehören zum Beispiel:
- VT1-Sprechtest
- FTHR-Test
- 5 Min All-Out-Test
- 5- oder 10-km Testlauf
- Cooper-Test
- Conconi-Test
- Rockport-Test
Die Tests, mit denen ich dabei am regelmäßigsten mit meinen Coachees arbeite, sind der VT1-Sprechtest, FTHR-Test, 5-Min-All-Out-Test und Testläufe auf 5-10 Kilometer. Je nach Zielsetzung, Trainingshistorie und individueller Fitness kommen aber gelegentlich auch andere Lauftests in meinen Trainings zum Einsatz.
Im Folgenden möchte ich dir einen Überblick und eine Anleitung für die gängigsten Lauftests liefern.
Lauftests für alle – so bestimmst du deine Zonen ohne Leistungsdiagnostik
1) VT1-Sprechtest – so bestimmst du deine Zone 2
Der VT1-Test (Ventilatorische Schwelle 1) ist eine einfache Methode, um die aerobe Schwelle zu bestimmen. Das ist der Punkt, an dem dein Körper beginnt, spürbar mehr CO₂ auszuatmen, weil die Energiegewinnung zunehmend Kohlenhydrate statt Fette nutzt.
Die VT1-Schwelle markiert den Übergang von einer sehr lockeren Belastung zu einer moderaten Intensität, bei der dein Körper mehr Sauerstoff verbraucht und Kohlenhydrate stärker ins Spiel kommen. Solange du unter dieser Schwelle bleibst, kann dein Körper das Laktat, das entsteht, noch problemlos abbauen – das ist ideal für den Aufbau der Grundlagenausdauer. Es geht dabei also um die Bestimmung der Obergrenze deiner Zone 2 bzw. der Untergrenze von Zone 3.
Und so geht’s:
Für den VT1-Test gehst du folgendermaßen vor:
- Wärme dich auf (walken oder laufen), sodass du konstant einen Puls von 120 erreichst und hältst.
- Erhöhe nun dein Tempo um etwa 15-20 Sekunden pro KM
- Warte, bis dein Puls sich etwa 5 Schläge höher einpendelt.
- Sprich einen Satz mit 15-20 Worten (denke dir den am besten vorher aus)
- Wiederhole Punkt 1-3, bis du nur noch 5-10 Worte sprechen kannst, ohne nach Luft zu schnappen.
Das ist deine aerobe Schwelle und entspricht dem Übergang von Zone 2 zu 3 im 5-Zonen-Modell.
Dieser Test ist perfekt geeignet für Läufer:innen jeder Leistungsklasse und kann schon ab der ersten Laufeinheit absolviert werden.
2) 20 Minuten FTHR-Test – finde deine anaerobe Schwelle
FTHR steht für „Functional Threshold Heart Rate“ und wird im Deutschen als „Funktionsleistungspuls“ bezeichnet. Dieser Bereich entspricht deiner leistungsbezogenen anaeroben Schwelle und ist der Bereich, in dem du an deinem Maximum 40-60 Min laufen kannst.
Mit FTHR solltest du nur arbeiten, wenn du schon fortgeschrittener bist und sie unter sicheren Umständen testen kannst. Dieser Test ist nämlich sehr belastend und fordert deinem Herz-Kreislaufsystem sowie deinem Bewegungsapparat eine ganze Menge ab.
Und so bestimmst du deine FTHR:
Deine FTHR bestimmst du in einem 30-minütigem Selbsttest. Und so gehst du dabei vor, um deine Laufzonen auf Basis dieses Werts zu ermitteln:
- Wärme dich 10 Minuten gründlich auf.
- Integriere gegen Ende der 10 Minuten ein paar submaximale Sprints à 10-20m
- Laufe 20 Minuten so schnell wie du kannst
- Versuche dabei, das höchstmögliche konstante Tempo zu halten, was du kannst.
Nun betrachtest du deine durchschnittliche Herzfrequenz in den 20 Minuten der Höchstbelastung. Das Aufwärmen zählt hier nicht mit herein.
Deine FTHR entspricht 95% des Durchschnittspuls in den 20 Minuten Belastung.
Und so nutzt du die Werte aus dem FTHR-Test:
- Zone 1 (< 70-75 % der FTHR)
- → Regeneration, lockeres Grundlagentraining
- Zone 2 (75–85 % der FTHR)
- → Grundlagenausdauer (aerober Bereich, unterhalb von VT1)
- Zone 3 (85–95 % der FTHR)
- → Übergangsbereich, Mischstoffwechsel (zwischen VT1 und VT2)
- Zone 4 (95–105 % der FTHR) = FTHR
- → Anaerobe Schwelle, hartes Tempotraining
- Zone 5 (> 105 % der FTHR)
- → VO2max, maximale Belastung (über VT2)
Bedenke, dass dieser Test sehr belastend ist und du ihn nur machen solltest, wenn du bereits eine gute Laufgrundlage hast und auch schon regelmäßig Tempotraining absolviert hast.
3) 5 Minuten All-Out-Test – Bestimmte deine anaerobe Leistung und VO2max
Der 5-Minuten All-Out-Test stellt eine Alternative zum 20-Min FTHR-Test dar. Er ist zwar kürzer, aber nicht viel weniger hart. Dennoch eignet er sich dadurch eher, wenn du noch nicht ganz so viel Lauferfahrung hast, weil der Zeitraum der Belastung kürzer ist.
Dieser Test ist ein maximaler Belastungstest zur Einschätzung deiner VO2max und deines anaeroben Leistungsbereichs.
Er wird vor allem im Radsport und Laufen genutzt, um Trainingszonen zu bestimmen und als Leistungsbenchmark zu dienen.
Und so gehst du vor:
- Aufwärmen: 10–15 Minuten locker laufen oder Radfahren, einige kurze Steigerungsläufe/Sprints einbauen
- All-Out-Test:
- 5 Minuten so hart wie möglich durchziehen (keine Temporegulierung, wirklich all-out!)
- Konstantes, hohes Tempo → Ideal ist eine gleichmäßige Belastung, aber oft startet man zu schnell
- Vollgas bis zum Schluss – Ziel ist es, am Ende völlig erschöpft zu sein
- Cooldown: Mindestens 10 Minuten locker auslaufen oder gehen
Bedenke, dass der Test sollte nicht nach einem harten Training oder an einem Wettkampftag durchgeführt werden, da er sehr ermüdend ist.
Und so interpretierst du die Ergebnisse:
- Durchschnitts-HF: Gibt Hinweise auf deine maximale Belastungsfähigkeit
- Laufgeschwindigkeit: Kann als Referenz für hochintensive Intervalle verwendet werden
- Deine FTHR liegt etwa bei 90-92% des 5-Minuten-All-Out-Pulses
- Deine 5-Minuten-Durchschnittsleistung oder Pace korreliert stark mit deiner VO2max (Zone 5)
4) 5- oder 10-km-Testlauf – so findest du dein Wettkampftempo
Ein 5- oder 10-km-Testlauf ist die ideale Methode, um deine aktuelle Wettkampfleistung realistisch einzuschätzen.
Im Gegensatz zu Labortests oder Herzfrequenzanalysen gibt dir dieser Test eine klare Antwort auf die Frage: Wie schnell bin ich aktuell auf einer echten Wettkampfdistanz?
Diese Art von Test ist besonders wertvoll für Läufer:innen, die sich auf ein Rennen vorbereiten oder ihre Fortschritte im Tempotraining objektiv messen möchten. Je nach Distanz bekommst du zusätzlich Rückschlüsse auf deine Tempohärte, mentale Stärke, Grundlagenausdauer und dein Renntempo.
So machst du den Testlauf richtig:
- Wähle eine flache Strecke oder eine möglichst wettkampfähnliche Route (am besten auf einer Laufbahn oder mit GPS-Messung).
- Plane den Test so ein, dass du vorher mindestens einen Ruhetag hattest.
- Aufwärmen: 10–15 Minuten locker einlaufen, ein paar Steigerungsläufe einbauen.
- Laufe 5 km oder 10 km so schnell und konstant wie möglich. Wichtig: Nicht zu schnell starten!
- Notiere deine Zeit und ggf. deinen durchschnittlichen Puls.
Deine durchschnittliche Pace beim 10-km-Test kann als Grundlage für dein Trainingstempo in Intervallen oder Schwellenläufen dienen.
Der 5-km-Test eignet sich, um deine VO₂max-orientierten Trainingszonen abzuleiten.
5) Cooper-Test – bestimme deine VO₂max in 12 Minuten
Der Cooper-Test ist einer der bekanntesten Ausdauertests überhaupt. Er misst deine maximale Ausdauerleistung anhand einer simplen Formel: Wie weit kommst du in 12 Minuten?
Dabei liefert der Test eine gute Schätzung deiner VO₂max. Das ist die maximale Sauerstoffaufnahme und ein Indikator für deine Ausdauerleistungsfähigkeit ist.
So funktioniert der Cooper-Test:
- Suche dir eine 400-m-Bahn, eine gerade Strecke oder verwende eine GPS-Uhr.
- Wärm dich 10–15 Minuten locker auf.
- Stell einen 12-Minuten-Timer.
- Laufe in gleichmäßig hohem Tempo so weit wie möglich.
- Miss die gelaufene Distanz – je genauer, desto besser.
Deine VO₂max kannst du grob mit dieser Formel schätzen:VO₂max = (gelaufene Meter – 504.9) ÷ 44.73
Beispiel: 2.600 m → ca. 47,0 ml/min/kg VO₂max
Der Cooper-Test ist einfach, motivierend und ideal, um den Trainingsfortschritt in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.
6) Conconi-Test – finde deine anaerobe Schwelle
Der Conconi-Test ist eine fortgeschrittene Methode zur Bestimmung der anaeroben Schwelle. Zur Erinnerung: das ist der Punkt, an dem dein Körper vom aeroben in den anaeroben Stoffwechsel kippt. Es ist also der Übergang von primär Fettverbrennung zu primär der Verbrennung von Kohlenhydraten.
Dabei wird die Herzfrequenz bei stufenweise steigender Laufgeschwindigkeit aufgezeichnet. Dabei entsteht ein Knick im HF-Verlauf. Und genau um diesen „Knick“ geht es uns. Denn er gibt dir Hinweise auf deine anaerobe Schwelle.
Und so führst du den Test durch:
- Laufe auf einer Laufbahn oder mit GPS.
- Beginne bei lockerem Tempo (~60 % der HFmax).
- Erhöhe alle 200–400 m das Tempo leicht, z. B. alle 30–60 Sekunden.
- Nimm deine Herzfrequenz nach jeder Stufe auf.
- Laufe, bis du nicht mehr schneller kannst oder die Herzfrequenz nicht mehr linear ansteigt.
- Trage die Daten in ein Diagramm ein (Tempo auf X-Achse, HF auf Y-Achse).
Dort, wo der Anstieg der Herzfrequenz abflacht oder ein „Knick“ entsteht, liegt deine anaerobe Schwelle – meist im Bereich von 85–90 % der maximalen HF.
Dieser Test ist besonders beliebt bei ambitionierten Läufer:innen, kann aber auch für strukturierte Trainingspläne im Hobbysport sehr hilfreich sein.
7) Rockport-Test – VO₂max ganz ohne Laufen ermitteln
Der Rockport Fitness Walking Test ist ein sanfter Test zur Schätzung deiner VO₂max. Da er ohne Laufen auskommt, ist dieser Test ideal für Einsteiger:innen, Wiedereinsteiger:innen, Ältere oder Menschen mit starkem Übergewicht. Statt zu rennen, gehst du dabei eine Meile (1,6 km) so schnell wie möglich und misst deine Zeit sowie Herzfrequenz.
So führst du den Rockport-Test durch:
- Wähle eine flache, gut messbare 1,6-km-Strecke oder nutze GPS.
- Wärm dich 5–10 Minuten locker auf (Gehen bzw. Walken).
- Gehe 1,6 km so schnell wie du kannst – bleib dabei im Gehtempo.
- Miss die Zeit und direkt im Anschluss deine Herzfrequenz.
Mit diesen Werten kannst du deine VO₂max berechnen – es gibt dafür viele Online-Rechner, oder du nutzt folgende Faustformel (vereinfacht):
VO₂max = 132.853 - (0.0769 × Gewicht in Pfund) - (0.3877 × Alter) + (6.315 × Geschlecht) - (3.2649 × Gehzeit in Minuten) - (0.1565 × Puls)
Geschlecht: 1 = männlich, 0 = weiblich
Der Rockport-Test ist besonders hilfreich, wenn du dich noch nicht an intensive Laufbelastung heranwagst, aber deine Fitness im Blick behalten willst.
Übersicht über die gängigsten Lauftest
Test | Ziel / Messwert | Dauer | Belastung | Für wen geeignet |
---|---|---|---|---|
VT1-Sprechtest | Aerobe Schwelle / Zone 2 | 10–20 Min | Niedrig | Einsteiger, gesundheitsorientierte |
FTHR-Test (20 Min) | Anaerobe Schwelle (Funktionspuls) | 30 Min (inkl. WU) | Sehr hoch | Fortgeschrittene, ambitionierte Läufer |
5-Min All-Out | Anaerobe Leistung & VO₂max | ~5 Min | Hoch | Einsteiger mit Erfahrung, Intervallbasis |
5-/10-km-Testlauf | Renntempo, Tempohärte, aktuelle Form | 20–90 Min | Sehr hoch | Fortgeschrittene, Wettkampfvorbereitung |
Cooper-Test | VO₂max-Schätzung, Ausdauerleistung | 12 Min | Mittel bis hoch | Hobbysportler, Schulsport |
Conconi-Test | Anaerobe Schwelle per HF-Knick | 15–30 Min | Progressiv steigend | Ambitionierte Hobbysportler |
Rockport-Test | VO₂max (Gehtest) | ~20 Min | Niedrig | Einsteiger, Senioren, Übergewichtige |
Fazit – Lauftests für alle
Lauftests für „zuhause“ sind eine gute und vielseitige Möglichkeit, um deine Fitness und Zonen selbstständig zu testen und zu bestimmen. Sie sind einfach durchzuführen, bringen Abwechslung in dein Training und sind die kostenlose Alternative zur Leistungsdiagnostik.
Regelmäßig durchgeführt helfen dir diese Lauftests dabei, deine Entwicklung und deinen Fortschritt zu verfolgen und deine individuellen Stärken und Schwächen zu analysieren. Daraus lassen sich Trainingsempfehlungen ableiten und die eigene Leistungsfähigkeit noch besser definieren.