10 Dinge, die exzessiver Sport deinem Leben raubt

Genau wie Bewegungsmangel kann zu viel Sport unglücklich machen. Erfahre jetzt, welche 10 Dinge exzessiver Sport in deinem Leben raubt.

Exzessiver Sport ist ein unterschätztes Problem unter Hobby-Athlet:innen, über das wir dringend sprechen müssen. Während regelmäßiger Sport dein Leben sehr positiv beeinflussen kann und essentiell für dein Wohlbefinden, deine Gesundheit, deine Lebenserwartung und dein Energielevel ist, schadet exzessiver Sport leider genauso wie fehlender Sport. Genau so, wie Bewegungsmangel Unzufriedenheit und Krankheiten begünstigt und dir jede Menge Lebensqualität raubt, macht exzessiver Sport bis hin zur Sportsucht auch nicht weniger unzufrieden.

Was genau ist „exzessiver Sport“?

Ob dein Sportverhalten exzessiv ist oder nicht, lässt sich nicht nur an einer reinen Trainingsdauer pro Woche oder pro Tag definieren. Vielmehr geht es hierbei um die Intention deiner Trainingseinheiten, dein persönliches Ziel, deine Regenerationsfähigkeit und die Gedanken und Gefühle, die für dich in Beziehung mit dem Sport stehen.

Zum Beispiel kann eine Person acht oder sogar zehn Stunden pro Woche trainieren, weil sie sich auf einen Ironman oder einen Ultramarathon vorbereiten und für diese Person ist kein exzessiver Sport, weil sie perfekt regeneriert, gut auf ihren Körper achtet, ihre Sporteinheiten durchdacht und strategisch sind und sie andere Tools zur emotionalen Regulation kennt und nutzt als nur Sport.

Eine andere Person wiederum trainiert vielleicht „nur“ fünf Stunden pro Woche, aber diese sind gefüllt von viel zu hohen Intensitäten, „Junk-Volume“, sie fühlt sich schlecht und erschöpft, kann zwischen den Einheiten nicht regenerieren und vor allem kann sie nicht mit dem schlechten Gewissen leben, wenn sie mal einen Ruhetag macht. Die Intention ist hier zum Beispiel eher zwanghaft und/oder, um Kalorien zu verbrennen und weniger für das eigene Wohlbefinden, große Ziele und Gesundheit.

Ist dein Sportverhalten exzessiv?

Wenn du herausfinden möchtest, ob dein Sportverhalten exzessiv ist, dann habe ich hier einige Fragen für dich vorbereitet, die dir Hinweise darauf geben können. Die Chance, dass du exzessiven Sport treibst, ist allein dadurch schon hoch, dass du offenbar diesen Artikel liest und dich mit dem Thema auseinandersetzt. 

Doch woran erkennst du, ob du einfach nur gerne und viel trainierst oder ob dein Sportverhalten exzessiv ist?

Achtung: die folgenden Punkte sind nicht exklusiv und nicht eindeutig. Je mehr du dich in ihnen wiederfindest, umso wahrscheinlicher ist es, dass dein Sportverhalten exzessiv ist. Doch natürlich können auch ganz allgemeine Hobbysportler:innen einzelne Punkte erfüllen, ohne dass es sich um ein problematisches Verhalten handelt.

Hinweise für exzessiven Sport können sein:

  • Du fühlst dich sehr erschöpft und kraftlos.
  • Deine Motivation für den Sport ist, möglichst viele Kalorien zu verbrennen oder eine bestimmte Aktivitätszahl zu erreichen – unabhängig von einem Trainingsziel.
  • Deine Trainingseinheiten sind eher impulsiv gesteuert und nicht auf ein Trainingsziel ausgelegt.
  • Du verbringst regelmäßig mehrere Stunden pro Tag mit Sport, obwohl du nicht auf ein gezieltes Trainingsziel hinarbeitest, das dieses Pensum erfordern würde.
  • Du hast gefühlt „keine Zeit“ für etwas anderes als dein Training.
  • Ruhetage sind für dich begleitet von einem schlechten Gewissen.
  • Du gehst in den meisten Einheiten an deine Erschöpfungsgrenze.
  • Du trainierst mehr als 3x/Woche hochintensiv, z.B. durch HIIT, Intervalle, Tempodauerläufe oder mehr.
  • An deinen lockeren Tagen trainierst du nicht locker.
  • Beim Krafttraining absolvierst du regelmäßig mehr als 7-8 Übungen à 2-4 Sätzen.
  • Du trainierst jeden Tag und machst nie Ruhetage.
  • Wenn du einen Trainingsplan verfolgst, hältst du dich nicht an ihn, sondern machst mehr und zusätzliche Übungen.
  • Trotz deiner Anstrengungen siehst du wenig Fortschritte im Training oder verlierst sogar an Leistungsfähigkeit.
  • Du ignorierst deine Körpersignale regelmäßig und trainierst darüber hinweg, z.B. bei Schmerzen, Müdigkeit, schlechtem Schlaf.
  • In deinem Kopf dreht sich sehr viel um Training und Bewegung.
  • Du vermeidest soziale Aktivitäten, weil du die Zeit in Sport investierst.
  • Deine Stimmung ist extrem abhängig von deiner sportlichen Leistung bzw. deinem Trainingspensum.

10 Dinge, die exzessiver Sport in deinem Leben raubt

Vielleicht hast du dich in einigen der Punkte oben wiedererkannt. Vielleicht bist du noch unsicher, ob du überhaupt zu viel trainierst. Doch was ist eigentlich das Risiko von exzessivem Sport? Was passiert, wenn du dauerhaft zu viel trainierst? 

Hier kommen 10 Dinge, die exzessiver Sport in deinem Leben raubt. 

#1 Exzessiver Sport raubt Spontanität

Wenn du in diesem Teufelskreis aus exzessivem Sport steckst, ist alles was zählt, die nächste Sporteinheit, die letzte Sporteinheit und das perfekte Einhalten des Trainingsplans.

Spontan mit den Freund:innen essen gehen? Keine Chance!

Ein kurzfristig geplantes Wochenende unterwegs? Kostet extrem viel Überwindung und bitte nur, wenn die Laufsachen mitkommen können. 

#2 Exzessiver Sport raubt die Freude an Bewegung

Eigentlich ist Bewegung ein Geschenk an dich selbst und deinen Körper.

Das bedeutet nicht, dass unbedingt jede einzelne Trainingseinheit immer nur Spaß bringt und du jeden Tag perfekt motiviert bist.

Doch das bedeutet, dass du aus einem tiefen Gefühl des Selbstwerts trainierst und dir erlaubst, zumindest langfristig und meistens Bewegungsformen zu finden, die dir Freude bereiten.

Je disziplinierter und härter du mit dir umgehst, umso weniger bewegst du dich aus Freude.

Wenn du exzessiven Sport betreibst, wird das Training zur Qual, zur Pflicht und jede Alltagsbewegung härter.

Bist du zusätzlich auf Diät oder verfolgst du eine strenge Ernährungsweise, verlierst du noch mehr dieser Bewegungsfreude, weil dir einfach keine Energie mehr zur Verfügung steht.

#3 Exzessiver Sport raubt Energie

Exzessiver Sport raubt dir all deine Energiereserven.

Deine Regeneration wird schlechter, du fühlst dich unerholt und du verbrauchst deine Energie beim Training.

Dadurch sinkt dein Energielevel im Alltag. Vielleicht kannst du dich sogar schlechter konzentrieren und weniger die Zeit im Hier und Jetzt genießen.

#4 Exzessiver Sport raubt deine Lebensqualität und Leichtigkeit

Der Tagesablauf muss optimal geplant sein, damit du all deine Trainingseinheiten einhalten kannst und trotzdem einem Alltag nachgehen kannst.

Du stehst permanent unter Stress, bist angespannt und leidest unter Energielosigkeit.

Wenn du exzessiv Sport machst, bleibt keine Zeit für Leichtigkeit oder unbeschwerte Minuten.

Du verlierst deine Lebensqualität. Du verlierst die Begeisterung für deinen Alltag, für dein Leben, für die schönen Momente des Hier und Jetzt und die Vielfältigkeit der menschlichen Existenz. Dabei erlaubst du dir nicht, dein allerbestes Leben zu leben und mit dir selbst in Einklang zu kommen. Du verlierst die menschlichen Beziehungen, die Gesundheit, die Dankbarkeit, die Freude und die Erholung, die es braucht, um langfristig gesund und zufrieden zu sein.

Das Leben wird immer kleiner und dreht sich irgendwann nur noch um den Sport. Alles andere rückt in den Hintergrund, hat keine Priorität mehr.

#5 Exzessiver Sport raubt eine gute Beziehung zu deinem Körper

Bei einem gestörten Sportverhalten ist die Beziehung zu deinem Körper auch gestört.

Du verlierst das Vertrauen zu dir selbst, ignorierst deine Körpersignale und dadurch verschwindet auch die Verbindung zu dir selbst, deinem Körper und deiner Wahrnehmung.

Wahrscheinlich wird das Ganze noch begleitet durch ein gestörtes Körperbild, wodurch du dich noch unwohler fühlst. Es endet häufig darin, dass du deinen Körper verabscheust und hasst und es nicht mehr schaffst, für sie vernünftig zu sorgen.

#6 Exzessiver Sport raubt Freundschaften und Beziehungen

Wir wissen, dass ein Bestandteil von Glück, Gesundheit und Lebenszufriedenheit die Qualität unserer Beziehungen sind.

Doch diesen Teil deines Glücks kannst du nicht mehr priorisieren, wenn du permanent trainierst, deine Leichtigkeit verlierst, keine Zeit und Energie für Freund:innen und romantische Beziehungen findest. Wahrscheinlich gehst du in die Isolation und fühlst dich weniger in der Lage, überhaupt Menschen wirklich an dich heranzulassen.

Früher oder später hören deine Freunde auf, dich zu fragen, ob du mitkommen willst, etwas essen oder trinken zu gehen und du vereinsamst durch den exzessiven Sport.

Häufig verlernst du, mit deinen Emotionen umzugehen, was soziale Interaktionen zusätzlich erschwert.

#7 Exzessiver Sport raubt Gesundheit

Bewegungsmangel ist extrem ungesund und schadet dir langfristig.

Doch exzessiver Sport ist nicht weniger schädlich.

Wenn du dauerhaft in einem übertrainierten Zustand steckst, dich massiv stresst und im Gedankenkarussel steckst, dann raubt dir das langfristig deine Gesundheit. Zum Beispiel durch:

  • häufigere Infekte und Viruserkrankungen
  • Verletzungen deines Bewegungsapparats
  • Verlust des weiblichen Zyklus
  • Verringerte Knochendichte
  • erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • die Folgen chronischen Stress, wie z.B. Burnout, Depressionen, Zivilisationskrankheiten, Auto-Immun-Erkrankungen, etc.

#8 Exzessiver Sport raubt deine Libido

Der körperliche und seelische Stress, den du erfährst, wenn du so ein gestörtes Verhältnis zum Training entwickelst, sorgt auch dafür, dass deine Libido sinkt. Du wirst kein Verlangen mehr fühlen und dich möglicherweise sogar für deinen Körper schämen.

#9 Exzessiver Sport schadet deiner mentalen Gesundheit

Du ignorierst deine Bedürfnisse, verlierst den Zugang zu deinen Emotionen und verlernst, was es bedeutet, Verantwortung für dich selbst zu übernehmen.

Langfristig kann aus exzessivem Sport auch eine richtige Sportsucht, eine Essstörung oder eine Depression entstehen.

Natürlich kann dieses Verhalten auch Symptom einer zugrundeliegenden Erkrankung sein.

#10 Exzessiver Sport raubt dir dein Potenzial

Sowohl auf sportlicher als auch auf persönlicher Ebene verschenkst du auf diese Art dein Potenzial.

Durch exzessives Training wirst du nicht deine sportlichen Ziele oder den Wohlfühlkörper erlangen, wovon du vielleicht träumst. Du wirst nicht an deinen Lebenszielen und deiner persönlichen Entwicklung arbeiten können. Du wirst dein Potenzial nicht entfalten können.

Was tun bei exzessivem Sport?

Wenn du exzessiven Sport treibst, ist eine Veränderung deines Verhaltens essentiell. Du musst dein Sportpensum reduzieren oder sogar zeitweise komplett auf dein Training verzichten.

Wie du dieses Problem konkret angehst, hängt von dem Ausmaß und den Ursachen deines Verhaltens ab. Wenn du dich alleine außer Stande fühlst, dein Verhalten zu ändern, dann ist es essentiell, dass du dir professionelle Hilfe durch eine:n einfühlsame:n und ganzheitlich arbeitende:n Fitnesscoach suchst oder dir sogar Unterstützung auf psychologischer Ebene suchst. Insbesondere bei einem Verdacht auf Sportsucht ist eine psychotherapeutische Unterstützung essentiell, damit du die Ursachen für dein Problem aufdecken und lösen kannst.

Wenn ich mit Klient:innen mit solchen Problemen arbeite, dann setze ich gerne auf einen interdisziplinären Ansatz gemeinsam mit einer Psychologin, um Körper und Geist bestmöglich zu unterstützen und zu versorgen.

Journaling Fragen für dich

Einige erste Hinweise für den richtigen Umgang mit deinem Sportverhalten können dir die folgenden Journaling-Fragen geben. Mit diesen lernst du deine Motive kennen und kannst dir eine Vision schaffen, wie du mit dem Training in Zukunft umgehen willst.

  • Was ist dein großes Trainingsziel? Was ist das große „Warum“ hinter deinem Sport?
  • Was sind deine persönlichen Werte? Wie stehen diese in Zusammenhang oder Konflikt mit deinem Sportverhalten?
  • Welches Gefühl gibt es dir, exzessiv zu trainieren?
  • Welche Gedanken treten auf, wenn du trainierst?
  • Wie soll dein Verhältnis zu deinem Körper und Sport in drei Jahren aussehen?
  • Wie musst du dich jetzt verhalten, um dieses Verhältnis zu etablieren?
  • Was passiert, wenn du weniger trainierst?
  • Was passiert, wenn du gar nichts änderst?
  • Welche Möglichkeiten hast du, mit unangenehmen Emotionen umzugehen, die auftreten können, wenn du weniger trainierst oder Sporteinheiten skippst?
  • Wie zeigst du deinem Körper im Alltag Respekt?
  • Wie könntest du deinem Körper Respekt zeigen?

5 Schritte für ein gesundes Sportverhalten

Wenn du dein Sportverhalten nun wirklich angehen willst und denkst, dass es alleine möglich ist, dann können dir die folgenden fünf Schritte helfen:

  • Definiere ein realistisches Ziel zum Verhältnis mit dem Sport, deinem Körper und deinem Leben.
  • Etabliere mehrere Ruhetage pro Woche.
  • Reduziere dein Trainingsvolumen massiv. Orientiere dich an den Leitlinien der WHO. Wenn du bereits gesundheitliche Folgeerscheinungen spürst, solltest du an dieser Stelle bereits professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen.
  • Lerne neue Tools zum Umgang mit deinen Emotionen und Stress, z.B. Surf The Urge, Atemtechniken, Meditation, Yoga, Therapie, Journaling, Gespräche, Reframing, …
  • Finde täglich Möglichkeiten, dich mit deinen Bedürfnissen und deinem Körper zu verbinden und dir selbst Respekt zu zeigen. Dabei können ebenfalls Meditation, Yoga, Journaling, Therapie und achtsame Pausen helfen.

Author: Paula Thomsen

Paula Thomsen ist die Gründerin von Laufvernarrt. Mit ihrer gebündelten Expertise als staatlich anerkannte Physiotherapeutin, Ernährungsberaterin und Personal Trainerin widmet sie sich ganzheitlich und fundiert den Themen rund um Fitness, Ernährung, Training und mentale Gesundheit.

12 thoughts on “10 Dinge, die exzessiver Sport deinem Leben raubt

  1. Toller Bericht! Gerade in dem Punkt Energie erkenne ich mich gut wieder. Ich erlaube mir mittlerweile, gerade in den Sommerferien, einfach ein paar Wochen eine Auszeit zu nehmen. Danach gehe ich umso freudiger wieder „an die Arbeit“ und ich freue mich wieder richtig auf meine Kurse.
    sportliche Grüße

    1. Danke Sandra für deinen Kommentar – das ist auch definitiv vernünftig 🙂 Im Moment mache ich auch Zwangspause, aber manchmal ist das eben so und im Anschluss ist die Freude wieder groß!

  2. Hey! Toller Artikel, erkenne mich da leider in einigen Punkten wieder.. vor allem das mit der Organisation, dass alles um das Training herum geplant wird und Sport als Ventil dient ??.
    Habe jetzt 3 Monate Sportverbot, weil ich mir beim Skifahren nen Lendenwirbel gebrochen habe – bin gespannt wie ich das überlebe, ohne durchzudrehen. ?

  3. Es ist schon bitter, sich in der Aufzählung zu erkennen und eigentlich vermeintlich es besser zu wissen. Kluge Ratschläge ohne Ende an die Umgebung verteilen und selber nichts davon annehmen. Um auf eine ehrliche Art sich selber zu reflektieren erfordert unglaublich viel Selbstvertrauen und den Glauben an sich selber. Ich mag deine Ansichten und deine Blogs sehr. Denn nur wenige sind so schonungslos ehrlich und haben genug Mut die Dinge anzusprechen, die du behandelst. Die größte Herausforderung an einen selber ist, dass Hamsterrad von „essen/nicht essen“, “ Workout nach Plan /Freizeit“, „Verbissenheit/ Entspannt sein“…. zu verlassen! Danke für deine Ansichten ☺

  4. Wirklich guter Bericht! Habe seit meinem letzten Marathon eine Überbelastung der Hüfte und seit zwei Wochen am Pause machen, das geht ganz schön auf die Nerven.
    By the way woher ist die blau schwarze Hose sie steht dir total:)

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