Krafttraining Mythen – 10 Annahmen, die dein Training gefährden
Vor Kurzem war ich mal wieder in einem Fitnessstudio trainieren. Bis dato dachte ich eigentlich, dass es Mythen übers Krafttraining gibt, die inzwischen einfach ausgestorben ist. Dort im Gym wurde ich aber leider vom Gegenteil überzeugt. Mehr als einmal begegneten mir Annahmen und Mythen übers Krafttraining, die nicht nur völliger Blödsinn waren, sondern auch hochgradig gefährlich werden können.
Der heutige Artikel widmet sich den zehn häufigsten Mythen übers Krafttraining und bringt Licht ins Dunkel, was du noch glauben darfst.
Krafttraining Mythos #1: Du kannst an bestimmten Körperstellen abnehmen.
Hach. Wie schön wäre das? Du trainierst fleißig deinen Bauch und schon bald erstrahlt dein Sixpack in vollem Glanz. Du machst Übungen für die Hüften und der nervige Hüftquall verschwindet ganz von selbst, …
Die Wahrheit ist leider: Du kannst nicht an bestimmten Körperstellen abnehmen. Schon gar nicht durch spezielle bunten. Fettabbau findet in allen Körperregionen gleichzeitig statt – aber auch nur, wenn du dich in einem Energie-Defizit befindest. Auf welche Reserven dein Körper letztlich zuerst oder zuletzt zurückgreift, entscheidet deine Veranlagung, Genetik, Epigenetik und andere Faktoren. Es ist egal, ob du deine Zeit mit 200 Situps verschwendest, oder stattdessen fünf schwere Deadlifts machst (wobei letztere vermutlich sogar noch mehr Energie verbrennen und einen größeren Nachbrenneffekt mit sich bringen).
Krafttraining Mythos #2: Du kannst Fett zu Muskeln umwandeln.
Muskelzellen und Fettzellen sind in ihrer Physiologie und Funktion komplett unterschiedlich. Zwar können Anfänger im Krafttraining zeitgleich Fett abbauen und Muskeln aufbauen, jedoch ist kein Körper der Welt dazu in der Lage, aus Fett Muskulatur zu zaubern. Das Geheimnis für Muskelaufbau bleibt die entsprechende Ernährung und das Training mit schweren Gewichten.
Krafttraining Mythos #3: Du kannst nicht gleichzeitig Muskeln aufbauen und Fett abbauen
Obwohl gleichzeitiger Muskelaufbau und Fettabbau ein eher seltenes Phänomen und ein Privileg für Trainingsanfänger sowie Menschen, die intermittierend fasten, ist, kannst du gleichzeitig Muskeln aufbauen und Fett abbauen. Während du in einer klassischen Diät Kalorien reduzierst und damit immer auch ein wenig Muskelverlust einhergeht, kommt es bei Trainingsanfänger durch die neue Belastung häufig erstmal zu einer Art Körper-Rekomposition. In den ersten acht Wochen Training werden so meistens schon 1-2% Körperfett verloren, obwohl Muskulatur aufgebaut wird. Ähnlich ist es beim intermittierenden Fasten: Durch den Wechsel von Nahrungspausen und Nahrungszufuhr wechselt der Körper auch von aufbauenden zu abbauenden Zuständen. Das kann zum gleichzeitigen Muskelauf- und Fettabbau führen.
Krafttraining Mythos #4: Viele Wiederholungen zum Definieren, wenig Wiederholungen zum Aufbauen
Vielleicht hast du es schonmal gehört oder sogar am eigenen Leib erfahren: Du willst abnehmen? Mach‘ viele Wiederholungen. Du willst Muskeln aufbauen? Mach‘ wenige Wiederholungen. Dabei ist es völliger Humbug. Als Anfänger kannst du gleichermaßen mit vielen Wiederholungen Muskulatur aufbauen wie mit wenigen. Im fortgeschritteneren Trainingsstadium wirst du eher Muskulatur mit wenigen Wiederholungen aufbauen und insbesondere während einer Diät erhalten. Dabei hat das Krafttraining mit weniger Wiederholungen noch weitere Vorteile. Du profitierst von einem höheren Nachbrenneffekt, der deinen Kalorienverbrauch insgesamt erhöht. Außerdem bringt es dich in eine bessere hormonelle Lage, um dich vor den negativen Folgen einer Diät zu schützen.
Krafttraining Mythos #5: No Pain – No Gain
Krafttraining muss wehtun, sonst bringt es nichts. Denkst du das auch? Wenn ja: falsch gedacht. Krafttraining muss nicht wehtun. Schon gar nicht an Gelenken, Sehnen oder Bindegewebe. Wenn dort Schmerzen auftreten, ist es ein ganz klares Warnsignal und kein Zeichen von Effektivität. Natürlich darf die Muskulatur nach dem Training etwas brennen – aber Muskelkater oder Schmerzen sind kein Indiz für Muskelwachstum. Im Gegenteil, häufig bedeutet dies eher, dass du übers Ziel hinausgeschossen bist und länger regenerieren musst. Also: Less Pain – More Gain.
Krafttraining Mythos #6: Für Muskelaufbau brauchst du viele verschiedene Übungen
Wenn du effektiv Muskeln aufbauen willst, brauchst du keine 112 Variationen an Übungen für eine einzige Muskelgruppe. Die Basis sollten immer Grundübungen bilden, da diese dich schonmal in eine gute hormonelle Ausgangslage bringen und deine Muskulatur in Ketten aktivieren. Bestimmte Schwachstellen kannst du natürlich mit 1-2 konkreten Übungen ergänzen, aber das ist kein Muss. Beginn mit den Basics – füge ein paar Schwerpunkte hinzu, wenn du merkst, dass du stagnierst.
Krafttraining Mythos #7: Die Pause ist unwichtig.
Wenn ich mal im Fitnessstudio trainiere, fühle ich mich immer wieder wie das einzige Alien, das auf die Dauer der Satzpause achtet. Tatsächlich macht es einen signifikanten Unterschied, wie lange deine Satzpause dauert. Nach 60 Sekunden hat dein Körper ein anderes Maß an Energie (ATP) wiederhergestellt als nach 120 Sekunden. Deswegen machen wir bei höheren Wiederholungszahlen ja auch weniger Pause. Wenn du also im Training stagnierst, kann es sinnvoll sein, einen Blick auf deine Satzpausen zu legen und diese besser zu steuern.
Krafttraining Mythos #8: Cardio verbrennt deine Muskulatur.
Kennst du die Bodybuilder, die Angst vor Muskelverlust durchs Laufen oder anderweitiges Cardiotraining haben? Ja, es gibt sie immer noch. Ich kann dich aber beruhigen: durch moderates Cardiotraining wirst du nicht automatisch deine Muskulatur verlieren. So lange du regelmäßig dein Muskelwachstum durch Krafttraining stimulierst, kannst du auch Laufen, Rudern oder dich auf dem Crosstrainer austoben. Erst in ambitionierteren Bereichen wie Halbmarathon und Marathon wird es schwieriger, deine komplette Muskelmasse zu behalten, da dein Körper dann wieder eher in abbauende Prozesse verfällt und keine „unnötige“ Masse mitschleppen möchte. Aber auch dort ist der Schaden im Rahmen zu halten, wenn du deine Ernährung optimierst und dein Training sinnvoll gestaltest.
Krafttraining Mythos #9: Frauen sollten anders trainieren als Männer.
Liebe Frauen, hört auf, euch selbst zu sabotieren. Frauen müssen nicht anders trainieren als Männer. Wir brauchen keinen Frauenbereich im Gym, keine Geräte und keine Bauch – Beine – Po Kurse. Wenn du deinen Körper definieren und formen willst, ist und bleibt funktionelles Krafttraining das effektivste Training überhaupt. Es ist nahezu unmöglich, auf natürliche Art und Weise ein riesiger Muskelberg durchs Training zu werden. Ein vielseitiges Training führt zu einem festen, geformten Körper. Du kannst im allerbesten Fall (unter perfekten Bedingungen, die du vermutlich gar nicht mitbringen kannst) im ersten Jahr fünf Kilogramm Muskelmasse als Frau aufbauen. Im zweiten sind es schon deutlich weniger und ab dem dritten kannst du dich über 1-2 Kilogramm Muskelzuwachs freuen. Durch den Verlust an Körperfett wird aber vor allem eines passieren: Du erhältst einen athletischen, geformten Körper.
Und sollte es dir doch irgendwann zu viel werden: Das passiert nicht über Nacht. Dann fährst du eben das Training runter, weichst auf weniger intensive und dafür funktionellere Übungen aus oder machst HiiT.
Krafttraining Mythos #10: HiiT nach dem Training ist schlecht
Diese Aussage ist wiedermal so eine pauschalisierte Annahme, die so schlichtweg nicht stimmt. Die Frage ist immer: Was ist dein Ziel? Ist dein Ziel Stressabbau? Dann ist HiiT nach dem Training perfekt! Willst du einen definierten, geformten Körper? Dann mach HiiT nach dem Training, wenn es dir guttut! Willst du auf die Bodybuilding-Bühne? Dann lass das HiiT nach dem Training lieber weg und verbringe viel Zeit mit deinem Trainer.
HiiT nach dem Training wird deinen Erfolg nicht signifikant schmälern – je nach Ziel sogar eher verbessern. Denn durch HiiT kannst du deinen Stoffwechsel nochmals ankurbeln, dein Herz-Kreislauf-System stärken und deine Ausdauerleistung verbessern. Du verbesserst die Sauerstoffzufuhr und die Versorgung deiner Körperzellen. Zusätzlich macht es einfach Spaß – und genau das darf und soll Training 😉