RED-Syndrom – Das passiert, wenn du zu wenig als Sportler:in isst

Alles über RED-S, das RED-Syndrom und die Auswirkungen von chronischem Energiemangel auf deine Gesundheit und Leistungsfähigkeit.

Was ist das Red-Syndrom und wie kannst du dich davor schützen? In diesem Beitrag erfährst du alles über die Gefahren des Relativen Energiedefizits-Syndrom und warum weniger Essen – insbesondere als Sportler:in – oft mehr schadet als nützt.

Was ist das RED-Syndrom / RED-S ?

Der Begriff RED-S oder RED-Syndrom ist eine Abkürzung und hat gar nichts mit roter Farbe zu tun.

RED-S steht für „Relative Energy Deficiency in Sport“ und beschreibt einen chronischen Energiemangel, der sich negativ auf zahlreiche Körpersysteme auswirkt.

Ursprünglich war das Phänomen unter „Female Athlete Triad“ bekannt. Doch inzwischen wissen wir, dass es nicht nur Frauen, sondern auch Männer betrifft.

So ein unausgeglichenes Verhältnis von Energieaufnahme und -verbrauch kann weitreichende Konsequenzen haben: von hormonellen Dysbalancen über Knochenprobleme bis hin zu einer verschlechterten Immunabwehr. Trotzdem wird RED-S oft übersehen und nicht ausreichend ernst genommen.

RED-S, RED-Syndrom: So viel Energie brauchst du wirklich

Was ist die ideale Energieverfügbarkeit?

Energieverfügbarkeit (EA) ist die Energie aus der Nahrung, die dem Körper nach dem Sport noch zur Verfügung steht, um normal zu funktionieren. Sie wird in Kilokalorien pro Kilogramm fettfreier Körpermasse (kcal/kg FFM/Tag) gemessen.

Du erhältst gleich noch ein Beispiel und ich erkläre dir genau, wie du das berechnest. Doch lass uns erstmal darüber sprechen, wie viel Energie du eigentlich benötigst.

Forschungen zu Energieverfügbarkeit (EA) bei Frauen, zeigen, dass es verschiedene Stufen gibt – von gesund bis problematisch:

  • Hohe EA (> 45 kcal/kg FFM): Optimal für Muskelaufbau und Leistungssteigerung
  • Ausreichende EA (~40-45 kcal/kg FFM): Dein Körper funktioniert normal und bleibt gesund, es steht ausreichend Energie für Anpassungen an die Trainingsreize, Regeneration und deine körperlichen Funktionen zur Verfügung
  • Reduzierte EA (30-40 kcal/kg FFM): Bereich für den Gewichts- und Fettverlust, möglicherweise kann es hier schon zu einer Leistungsverschlechterung und einem erhöhten Verletzungsrisiko kommen
  • Kritische EA (< 30 kcal/kg FFM): Die Energie reicht nicht mehr aus, erhöhtes Risiko für RED-S und langfristige Gesundheitsprobleme

So berechnest du die Energieverfügbarkeit

Die wissenschaftliche Formel für Energieverfügbarkeit lautet:

EA = (Energieaufnahme aus der Nahrung – Energieverbrauch durch Sport) / fettfreie Körpermasse (pro Tag)

Und weil das erstmal relativ abstrakt klingt und sich die wenigsten Menschen das direkt vorstellen können, versorge ich dich natürlich noch mit einem Beispiel.

Nehmen wir an, du bist 70 Kilogramm schwer und hast einen Körperfettanteil von 21%. Dann entspricht deine fettfreie Körpermasse (FFM) etwa 55kg.

Isst du nun täglich 2500 kcal pro Tag, liegt deine Energieaufnahme aus der Nahrung bei 2500 kcal.

Verbrennst du zusätzlich 800 kcal pro Tag durch Sport, weil du z.B. für einen Marathon trainierst und ein sehr hohes Pensum hast, ist das der Energieverbrauch durch Sport.

Zusammengefasst haben wir also folgende Werte:

  • Energieaufnahme (EI): 2.500 kcal pro Tag
  • Energieverbrauch durch Sport (EEE): 800 kcal pro Tag
  • Fettfreie Körpermasse (FFM): 55 kg

Die Berechnung lautet dann:

EA = (2.500 kcal – 800 kcal) / 55 kg
EA = 1.700 kcal / 55 kg
EA = 30,9 kcal/kg FFM/Tag

Ergebnis:
Mit einer EA von etwa 31 kcal/kg FFM/Tag liegst du im Bereich reduzierter Energieverfügbarkeit, was nicht ideal ist. Denn die ideale Energieverfügbarkeit für Frauen ist höher und liegt bei etwa 40-45 kcal/kg FFM/Tag.

Ein weiterer wichtiger Faktor bei REDs: Die Rolle von Kohlenhydraten

Studien zeigen, dass eine niedrige Energieverfügbarkeit oft mit einer starken Reduktion von Kohlenhydraten einhergeht. Viele Sportler:innen kompensieren ein Kaloriendefizit durch mehr Eiweiß, reduzieren aber Kohlenhydrate drastisch.

Neue Untersuchungen deuten darauf hin, dass Kohlenhydrate unabhängig von der Energieaufnahme einen zusätzlichen Einfluss auf die Gesundheit haben.

Eine Kurzzeitstudie mit sechs Tagen Dauer an männlichen Ausdauersportlern zeigte, dass eine Ernährung mit wenig Energie und wenig Kohlenhydraten schon innerhalb dieses kurzen Zeitfensters negative Auswirkungen auf die Knochengesundheit, das Immunsystem und den Eisenstoffwechsel hat. Dort fanden sich zum Beispiel Hinweise auf eine verstärkte Knochenabbau-Aktivität und eine schlechtere Neubildung von Knochen. Auch bestimmte Entzündungswerte waren nach dem Training erhöht, besonders wenn wenig Kohlenhydrate gegessen wurden – selbst ohne extrem niedrige Energieaufnahme.

Eine weitere Untersuchung mit jungen Frauen zeigte, dass eine kohlenhydratarme, kalorienreduzierte Ernährung den einen bestimmten Entzündungswert um 264 % ansteigen ließ, während eine kaloriengleiche, aber kohlenhydratreichere Ernährung nur einen Anstieg von 69 % verursachte.

Eine dreiwöchige Studie mit Hochleistungssportlern ergab außerdem, dass eine fettreiche, kohlenhydratarme Ernährung die Knochengesundheit verschlechterte und Entzündungswerte nach dem Training erhöhte.

Seit 2019 haben sechs Studien bestätigt, dass ein Mangel an Kohlenhydraten die negativen Folgen von REDs verstärken kann – und das zum Teil unabhängig von der gesamten Energieaufnahme.

Wie entsteht das RED-Syndrom / RED-S?

Betrachtet man RED-S genauer, so tritt es nicht plötzlich über Nacht auf, weil du einmal zu wenig gegessen hast für das Training, was du von dir verlangt hast.

Vielmehr ist das Red-Syndrom das kumulative Ergebnis eines Energiedefizits, das sich über Monate oder manchmal sogar Jahre hinweg entwickelt.

Mögliche Ursachen dafür sind:

  • Bewusstes oder unbewusstes Kaloriendefizit (z.B. durch Diäten oder Essstörungen, fehlendes Hungergefühl)
  • Unzureichende Mahlzeitenstruktur
  • Erhöhter Energieverbrauch ohne entsprechende Anpassung der Ernährung

Was passiert kurzfristig bei zu geringer Energiezufuhr?

Wenn du gelegentlich einen Tag erlebst, an dem deine Energiezufuhr unzureichend war oder dein Energieverbrauch einfach so hoch, sodass es zu zu einer niedrigen Energieverfügbarkeit einhergeht, ist das zwar nicht ideal, aber noch reversibel.

Wahrscheinlich geht ein solcher Tag mit einer verzögerten Regeneration einher. Du merkst das möglicherweise daran, dass du dich erschöpfter fühlst als normal, schlechter schläfst oder hungriger bist als gewöhnlich. Viele Läufer:innen erleben dieses Phänomen beispielsweise am Tag ihres Long Runs, wenn sie sich rund ums Training und währenddessen unzureichend versorgen. Die Adaption an diese Einheit findet dann zeitverzögert statt oder sogar weniger ausgeprägt.

Dennoch kannst du dich von so einer kurzfristigen niedrigen Energieverfügbarkeit (LEA) wieder erholen.

Was passiert langfristig bei einer zu geringen Energiezufuhr?

Stell dir vor, du nimmst an einem intensiven Trainingslager oder einem herausfordernden Laufprogramm teil. Eine oder zwei Wochen lang forderst du deinen Körper heraus – und möglicherweise gerätst du unbemerkt in ein Energiedefizit.

Wenn du danach bewusst auf Erholung und eine ausreichende Nährstoffzufuhr achtest, kannst du regenerieren und gestärkt ins nächste Training starten.

Bleibst du jedoch in diesem Defizit und trainierst weiterhin mit hoher Intensität, gerätst du langsam, aber sicher in die kritische Zone von RED-S. Dein Körper beginnt, sich anzupassen – jedoch nicht zu deinem Vorteil. Er fährt essenzielle Funktionen herunter, um Energie zu sparen. Das kann langfristig massive gesundheitliche Konsequenzen haben und deine Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigen.

RED-S, RED-Syndrom: Das passiert, wenn du zu wenig isst - 20 Folgen & Symptome

Welche Folgen und Symptome hat RED-S?

Das RED-Syndrom kann schwerwiegende Auswirkungen auf deine Gesundheit und Performance haben. Je länger du in einem Energiedefizit bleibst, desto größer ist das Risiko für teils irreversible Schäden. Betroffen sind unter anderem:

  • Immunsystem: Häufige oder schwer verlaufende Infekte
  • Hormonhaushalt & Reproduktion: unregelmäßige Zyklen, ausbleibende Periode, verkürzte Lutealphase/verkürzte Zyklen, ausbleibender Eisprung, verringerte Libido, sexuelle Dysfunktion
  • Knochengesundheit: Niedrigere Knochendichte, erhöhtes Risiko für Ermüdungsbrüche
  • Verdauung: Blähungen, Krämpfe, veränderte Verdauungsgewohnheiten
  • Energiestoffwechsel: Erhöhtes Cortisol, verringerte Schilddrüsenhormone, reduziertes Leptin
  • Blutwerte: Niedrige Eisenwerte, verringerte Sauerstofftransportfähigkeit
  • Muskelfunktion: Reduzierte Muskelproteinsynthese, schlechtere Glykogenspeicherung
  • Herz-Kreislauf-System: Niedriger Puls, mögliche Herzrhythmusstörungen
  • Schlaf: Eingeschränkte Schlafqualität, erhöhte Müdigkeit
  • Mentale Gesundheit: Depressionen, Stimmungsschwankungen, Sportsucht, Essstörungen
  • Kognitive Fähigkeiten: Gedächtnisprobleme, schlechtere Konzentration, langsamere Reaktionszeit
  • Gestörter Glucose- und Fettstoffwechsel: z.B. reduzierter Glucose- und Insulinwert am Morgen, ungewöhnlicher HbA1c, auffällige Triglyzeridwerte

Doch nicht nur deine Gesundheit leidet – auch deine sportliche Leistungsfähigkeit nimmt ab:

  • Geringere Trainingszeiten durch Krankheit und Verletzungen
  • Reduzierte Leistungsfähigkeit, zum Beispiel schlechtere Performance auf bestimmten Distanzen oder Ausbleiben einer positiven Trainingsentwicklung trotz guter Trainingsplanung
  • Längere Regenerationszeiten und stärkere Erschöpfung durchs Training
  • Verlängerte Reaktionszeit
  • Schlechtere Koordinationsfähigkeit und Konzentration
  • Fehlende Motivation
  • Kraft- und Muskelverlust
  • Reduzierte Ausdauerfähigkeit.

Deshalb ist es essenziell, rechtzeitig gegenzusteuern, auf deinen Körper zu hören und sicherzustellen, dass du ausreichend Energie für dein Training und deine Regeneration hast!

Wie kannst du dich vor RED-S schützen?

Das RED-Syndrom kann in den meisten Fällen verhindert werden. Die Prävention ist entscheidend, um das Risiko von RED-S zu minimieren.

7 Tipps gegen RED-S, RED-Syndrom

Um dich davor zu schützen, kannst du folgende Dinge tun:

Verbessere dein Wissen und schaffe Bewustsein

Verbessere deine Kenntnisse über die Ernährung als Sportlerin und wie du dich auch rund um intensive Trainingseinheiten korrekt versorgst.

Arbeite daran, ein Gefühl dafür zu bekommen, worauf es wirklich ankommt und dass Sporternährung nichts mit Diäten und Abnehmen zu tun hat. Schaffe ein Bewusstsein dafür, dass Performance Nahrung und Energie verlangt.

Ernähre dich ausgewogen und ausreichend

Stelle sicher, dass du genügend Kalorien zu dir nimmst, um deinen Energiebedarf zu decken. Achte dabei auf eine ausgewogene Verteilung von Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten und die Zufuhr aller Mikronährstoffe und ausreichender Menge.

Priorisiere rund ums Training und während langer Einheiten wie z.B. deinem Long Run Kohlenhydrate.

Auch interessant für dich:

Iss zu regelmäßigen Mahlzeiten

Vermeide lange Fastenperioden wie z.B. beim intermittierenden Fasten. Iss regelmäßig zu ähnlichen Uhrzeiten, um deinen Blutzuckerspiegel stabil zu halten und deinem Körper kontinuierlich Energie zu liefern.

3-6 Mahlzeiten pro Tag sind eine gute Orientierung. Als Sportler:in mit sehr hohem Energiebedarf kann es ratsam sein, auch noch einen späten Abendsnack zu integrieren.

Auch interessant für dich:

Nimm Hungersignale ernst

Achte auf Hunger- und Sättigungssignale. Wenn du hungrig bist und permanent ans Essen denken musst, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass du entweder sehr restriktiv isst, viele Verbote und starre Ernährungsregeln hast oder dafür, dass du zu wenig isst.

Beachte, dass es nicht allen Sportler:innen möglich ist, nur auf das eigene Hunger- und Sättigungsgefühl zu achten. Manchmal ist es notwendig, auch ohne Hunger zu essen oder sogar ein wenig über die Sättigung hinaus. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn du von Natur aus eher wenig Appetit hast oder intensives Training dein Verlangen nach Essen reduziert.

Plane ausreichend Erholungsphasen ein

Gönne deinem Körper ausreichend Ruhe und Regeneration. Plane dafür feste Rest Days, also Ruhetage, ein und achte auf genügend Schlaf in jeder Nacht.

Auch interessant für dich:

Hole dir professionelle Unterstützung: 

Ziehe bei Bedarf Ernährungsberater:innen, Coaches wie mich oder Sportmediziner:innen hinzu, um sicherzustellen, dass du deinen Energiebedarf deckst und ein gesundes und sinnvolles Maß an Training verfolgst.

Auch interessant für dich:

Behalte deine Gesundheitsparameter im Blick

Die frühzeitige Erkennung von Symptomen durch Gesundheitschecks, Gesprächen mit Fachpersonal und objektiven Messungen von RED-S-Biomarkern kann helfen, das Problem frühzeitig zu identifizieren und zu behandeln. Wenn du für dich selbst ein Risiko wahrnimmst, lasse dich regelmäßig untersuchen und unterstützen und dokumentiere deine Gesundheitsparameter. Nimm Veränderungen z.B. am Ruhepuls, der HRV, deinem Energielevel, Leistungsfähigkeit und Gewicht ernst und reagiere rechtzeitig.

Wie wird RED-S behandelt?

Die Behandlung des RED-Syndroms hat das Ziel, langfristige Gesundheitsschäden zu vermeiden und die Energiebalance wiederherzustellen.

Dazu gehören fünf essentielle Bausteine:

  1. Erhöhung der Energieverfügbarkeit: Der wichtigste Schritt ist eine Anpassung der Ernährung und der Trainingsbelastung, um eine ausreichende Energieverfügbarkeit wiederherzustellen.
  2. Multidisziplinäre Betreuung: Eine enge Zusammenarbeit zwischen Sportmedizin, Ernährungsberatung, Sportpsychologie und Trainer:in ist entscheidend.
  3. Pharmakologische Unterstützung: In manchen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung notwendig sein, zum Beispiel eine Hormontherapie zur Verbesserung der Knochengesundheit.
  4. Psychologische Betreuung: Da RED-S oft mit Essstörungen oder zwanghaftem Sportverhalten einhergeht, kann eine psychologische Unterstützung helfen, schädliche Verhaltensweisen zu ändern.
  5. Langfristige Überwachung: Die Genesung erfolgt oft in Phasen, und manche Symptome (z. B. Knochengesundheit) verbessern sich langsamer als andere. Eine regelmäßige Kontrolle durch Fachleute ist daher essenziell.

Eine frühzeitige Diagnose und eine umfassende Behandlung sind entscheidend, um die negativen Auswirkungen von RED-S umzukehren und die sportliche Leistungsfähigkeit langfristig zu erhalten.

Fazit – RED-Syndrom – Das passiert, wenn du zu wenig als Sportler:in isst

RED-S oder das RED-Syndrom ist ein ernstes, aber vermeidbares Problem, das durch chronischen Energiemangel in Sport und Alltag entsteht und weitreichende gesundheitliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Besonders wichtig ist es, rechtzeitig auf den eigenen Körper zu hören und sicherzustellen, dass die Energiezufuhr den Bedürfnissen entspricht, um die körperliche und mentale Gesundheit zu erhalten und die sportliche Leistungsfähigkeit zu maximieren.

Durch ausgewogene Ernährung, regelmäßige Mahlzeiten und ausreichend Erholung lässt sich das Risiko für RED-S effektiv minimieren.

Eine frühzeitige Diagnose und die richtige Behandlung sind entscheidend, um langfristige Schäden zu vermeiden und die Leistungsfähigkeit nachhaltig zu steigern.

Quellen:

2023 International Olympic Committee’s (IOC) consensus statement on Relative Energy Deficiency in Sport (REDs)

Relative energy deficiency in sport (REDs) – Dr. Nicky Keay

Author: Paula Thomsen

Paula Thomsen ist die Gründerin von Laufvernarrt. Mit ihrer gebündelten Expertise als staatlich anerkannte Physiotherapeutin, Ernährungsberaterin und Personal Trainerin widmet sie sich ganzheitlich und fundiert den Themen rund um Fitness, Ernährung, Training und mentale Gesundheit.