Dehnen vor oder nach dem Laufen? So geht’s richtig!
Was ist richtig – Dehnen vor oder nach dem Laufen? Ums Stretching gibt es etwa so viele Mythen wie Dehnübungen. Doch wie geht es eigentlich richtig? In diesem Artikel möchte ich dir erklären, was du beim Dehnen vor oder nach dem Laufen beachten solltest.
In diesem Beitrag erfährst du:
Dehnen vor oder nach dem Laufen – Die wichtigsten Dehnungsarten
Wenn du dich vor oder nach dem laufen dehnen willst, gibt es zwei klassische Möglichkeiten:
- Statisches Dehnen, bei dem eine gedehnte Position an der Schmerzgrenze über 30-90 Sekunden gehalten wird.
- Dynamisches Dehnen, bei dem dynamisch der Bewegungsradius langsam immer größer, die Schmerzgrenze jedoch gar nicht provoziert wird. Diese Dehnung wird nicht gehalten.
Beim statischen Dehnen erhalten wir eine Steigerung der passiven Beweglichkeit. Kurzfristig provoziert statisches Dehnen eine Minderversorgung des gedehnten Muskels. Die langanhaltende Dehnung kann bereits zu Mikrotraumata führen und somit Muskelkater und Verletzungen begünstigen. Statisches Dehnen kann zwar das passive Bewegungsausmaß erweitern, bringt grundsätzliche keine großen Vorteile fürs Laufen. Falls du mit richtigen Bewegungseinschränken zu kämpfen hast, kann diese Dehnungsart allerdings in Verbindung mit Krafttraining helfen. Kurzfristig kann statisches Dehnen auch Schmerzen lindern, doch der therapeutische Effekt bei Verletzungen ist minimal.
Das dynamische Dehnen erhöht die Durchblutung und Dehnfähigkeit des Muskels. Es kann kurzfristig das Bewegungsausmaß erweitern. Der Effekt der langfristigen Beweglichkeitssteigerung ist hier geringer. Dafür liegen aber auch keine Verletzungen und Minderversorgung der gedehnten Muskulatur vor.
Je nach Ziel und Zeitpunkt haben beide Dehnungsarten ihre Bewandtnis. Mit statischem Dehnen kannst du tatsächlich passive Bewegungseinschränkungen langfristig verbessern. In der Aktivität jedoch hilft dir das statische Dehnen kaum. Dynamisches Dehnen kann die Durchblutung deiner Muskulatur und seine Dehnfähigkeit kurzfristig verbessern.
Musst du dich dehnen?
Die gute Nachricht für alle Dehnmuffel: weder das Dehnen nach dem Laufen noch das davor ist ein Muss.
Tatsächlich werden Dehnen extrem viele positive Eigenschaften nachgesagt, die es einfach nicht erfüllen kann, zum Beispiel:
- Verletzungsprävention
- Regeneration und Muskelkater
Beides konnte in Meta-Analysen nicht oder fast nicht bewiesen werden. Muskelkater könnte um 1-4 Punkte auf einer Skala von 100 durch Dehnen reduziert werden. Doch eine geringere Verletzungsneigung durch Dehnen vor oder nach dem Laufen konnte nicht bewiesen werden.
Wenn du dein aktives Bewegungsausmaß verbessern möchtest, denke auch unbedingt an Krafttraining. Insbesondere für sowieso schon bewegliche Menschen ist es wichtig, die Gelenke auch in den Endpositionen stabilisieren zu können – und das funktioniert am besten durch Kräftigung. Tatsächlich kannst du mir Krafttraining genauso beweglich werden und bleiben wie durch Dehnen – und das auch noch gleichzeitig besser und aktiv nutzen.
Was Dehnen kann:
- Eine wohltuende Ergänzung darstellen
- Dir helfen, Vertrauen in größere Bewegungsausmaße zu erlangen
- Das passive Bewegungsausmaß vergrößern
Möchtest du also effektiv etwas für mehr Beweglichkeit, Performance und weniger Sportverletzungen beim Laufen tun, dann kommt an allererster Stelle Krafttraining.
Das, was sich die meisten Läufer:innen vom Dehnen erhoffen, bekommen sie vor Allem durchs Krafttraining, eine vernünftige Trainingsplanung, Schlaf und eine gute Versorgung mit allen Mikro- und Makronährstoffen.
Solltest du deswegen nie wieder dehnen?
Nein, das auch nicht.
Jede Bewegung ist gut und hilfreich.
Wenn du dich zwischen gar keiner Bewegung und Dehnen entscheiden willst, dann bevorzuge das Dehnen.
Aber wenn du dich zwischen Mobility & Kraft entscheiden musst, nimm den Kraft-Part.
Wenn du dich zusätzlich vor oder nach dem Laufen dehnen möchtest, weil es sich einfach gut anfühlt, dann bleibe dabei. Du schadest dir in den meisten Fällen damit nicht.
Dehnen vor oder nach dem Laufen? Der richtige Zeitpunkt
Solltest du lieber vor oder nach dem Laufen dehnen? Wenn es um den richtigen Zeitpunkt des Stretchings geht, streiten sich oftmals Trainer:innen und Coaches. Dabei gibt es eine einfache und evidenzbasierte Richtlinie dazu.
Dehnen vor dem Laufen
Das Dehnen vor dem Laufen erfolgt optimalerweise dynamisch.
Wenn du beispielsweise den ganzen Tag gesessen hast, deine Muskeln verkrampft und verspannt sind und du dich erstmal lockern musst, beginne mit ein paar dynamischen Dehnübungen. Das kannst du auch als dynamisches Aufwärmprogramm nutzen und deine Gelenke, Sehnen und Bänder auf die nahende Belastung vorbereiten.
Hältst du jedoch vor einem intensiven Laufen statisch die Dehnung, reduzierst du deine Muskel- und Explosivkraft sowie die Schnelligkeit. Je länger du die Dehnung hältst, umso stärker wird dieser Negativeffekt. Ganz besonders vor Intervalltrainings oder Krafttraining wäre ein Einbußen ganz und gar nicht förderlich.
Wenn du dich vor einem lockeren Lauf statisch dehnen möchtest, ist das in Ordnung.
Dehnen nach dem Laufen
Das Dehnen nach dem Laufen und zu jedem anderen Zeitpunkt als vor dem Laufen darf auch statisch erfolgen. So kannst du gezielt die passive Beweglichkeit erhöhen, wenn es denn notwendig ist. Wenn du statisch dehnen willst, bereite deine Muskulatur unbedingt gründlich darauf vor und arbeite dich langsam voran. Vermeide statisches Dehnen, wenn du aktuell starken Muskelkater oder Verletzungen des Muskels hast.
Dehnübungen für Läufer:innen
Im Folgenden erhältst du noch ein paar geeignete Übungen fürs Dehnen vor oder nach dem Laufen. Grundsätzlich kannst du jede statische Dehnübung auch dynamisch gestalten, indem du sie eben nicht hältst, sondern in Bewegung bleibst. Doch es gibt ein paar zusätzliche dynamische Dehnübungen, die du ausprobieren kannst.
Dehnen vor dem Laufen – die besten Übungen
Vor dem Laufen lassen sich die Muskeln wunderbar vorbereiten durch folgende Übungen:
- Kniebeugen im breiten Stand mit zunehmendem Bewegungsausmaß
- Ausfallschritte mit zunehmendem Bewegungsausmaß (seitlich und vorwärts)
- Fußgelenkskreisen mit einem Fuß auf dem Boden
- Einseitiges Hüftkreisen mit einem Bein 90° angewinkelt in der Luft
- Dynamisches Dehnen der Brustwirbelsäule (beispielsweise mit einer Faszienrolle, gefüllter Wasserflasche oder Stuhllehne)
Interessiert dich eine kleine dynamische Dehnsequenz vor dem Laufen, schaue gerne bei mir auf Instagram vorbei.
href=“https://www.instagram.com/p/CPXdWmhj7HS/?utm_source=ig_embed&utm_campaign=loading“ style=“ color:#c9c8cd; font-family:Arial,sans-serif; font-size:14px; font-style:normal; font-weight:normal; line-height:17px; text-decoration:none;“ target=“_blank“ rel=“noopener“>Ein Beitrag geteilt von Paula|Home Workouts|Selfcare (@laufvernarrt)
Dehnen nach dem Laufen – die besten Übungen
Für eine Mobility-Session nach dem Laufen oder unabhängig davon geht es vor allem um das persönliche Gefühl. Da wir alle unterschiedliche Laufstile haben und eine etwas abweichende Ökonmie, hat auch jede:r seine/ihre persönlichen angestrengten Muskelpartien. Häufige Baustellen für Läufer:innen sind jedoch:
- Die Hüftbeuger, dehnbar durch gehaltenen Ausfallschritte oder Brücke.
- Die Oberschenkelrückseite, dehnbar durch den herabschauenden Hund im Yoga oder klassisch im Stand die Hände zum Boden.
- Die Oberschenkelinnenseite, dehnbar durch den Krieger II im Yoga, seitliche Ausfallschritte oder sitzendes Spreizen der Beine gegen eine Wand.
- Die Oberschenkelvorderseite, dehnbar durch Ausfallschritte mit einem Knie am Boden.
- Die Brustwirbelsäule durch Brücke, Blackroll oder Stuhllehne.
- Die Gesäßmuskulatur durch eine Piriformis-Dehnung.
- Die Waden und Achillessehne, dehnbar durch den herabschauenden Hund im Yoga (besonders einbeinig) und klassische Wadendehnung im Ausfallschritt oder mit dem Knie zur Wand.
Inspirationen und Ausführungen der einzelnen Übungen bekommst du regelmäßig auf meinem Instagram-Account. Schau dir dort auch unbedingt das „Laufanfänger“-Highlight an, um zu den bisherigen Posts mit Mobilität und Stabilität zu gelangen.
Fazit – Dehnen vor oder nach dem Laufen?
In diesem Beitrag hast du gelernt, dass Dehnen zwar wohltuen kann, jedoch nicht zwingend notwendig ist, um ein:e gute:r Läufer:in zu sein. Dehnen senkt nicht dein Verletzungsrisiko und hat auch nur minimale Effekte auf Muskelkater.
Möchtest du dich dennoch mobilisieren, dann empfehle ich beim Dehnen vor dem Laufen eher auch dynamisches Dehnen zu setzen und danach oder unabhängig davon frei zu entscheiden, was dir besser gefällt.
Hallo Paula,
schöner Artikel: kurz und knackig, wie Du schon angedeutet hast 🙂
Ich gebe ganz klar zu, ich bin ein Dehnungsmuffel. Wenn ich mich dehne dann meist nach dem Laufen oder vor dem Krafttraining mit dynamischen Lockerungs- und Dehnübungen. Leider zu selten, denn ich bin extrem ungelenkig. Bis zu welchem Grad kann man das denn eigentlich durch regelmäßiges Dehnen verbessern? Bzw. was wäre denn für Dich regelmäßig, also wie häufig?
Liebe Grüße,
Sarah
Danke für diesen hilfreichen Artikel!
Würdest du denn generell von einer der beiden Dehnarten abraten? Oder einfach sagen, dass sie zum richtigen Zeitpunkt beide gut sind?
Liebe Grüße von meinem Blog und weiter so 🙂
Echt hilfreicher Artikel, vielen Dank Paula!
Ich versuche mich nach jedem Training/Lauf zu dehnen, manchmal länger manchmal kürzer. Nach dem Dehnen rolle ich gerne noch kurz auf der Blackroll 🙂 Ich habe das Gefühl das hilft mir und meinem Körper sehr.
Liebe Grüsse veg.fruitia
Toller Artikel und danke für die Aufklärung was „verkürzte“ Muskelpartien angeht.
So genau hat mir das noch nie jemand erklärt und ich bin echt froh, mal eine ordentliche Erklärung zu haben….ich hab mich immer gefragt wie sich „Muskeln verkürzen“ können…aber meist nur beim Dehnen und dann hatte ich es wieder vergessen – also nie Doktor Google gefragt 😉
Liebe Grüße
Jenny
Ich hab’s mal irgendwann in der Ausbildung gelernt und mir zum Glück gemerkt 😀 Und tatsächlich nur in den Artikel geschrieben, weil mich jemand auf Facebook so hart dafür kritisiert hat, wie unprofessionell der Ausdruck „verkürzt“ sei 😀 vielen Dank Jenny 🙂
Liebe Paula,
Vielen Dank für diesen Artikel übers Dehnen. Ich persönlich hab immer wahnsinnig gerne nach dem Laufen statisch gedehnt. Das hab ich vor 15 Jahren in der Schule so gelernt und beibehalten und mir ehrlich nie was dabei gedacht. Bis ich letzte Woche nach einem Wettkampf ziemlich barsch angefahren wurde, dass ich mich nie direkt nach dem Lauf dehnen soll. Ich hab mich dann etwas verunsichert umgesehen und tatsächlich niemanden entdeckt, der sich irgendwie gedehnt hätte. Ist das jetzt irgendwie out oder überholt? Der besagte Lauf war auch der erste nachdem ich Muskelkater hatte. Aber nach deiner Erklärung habe ich ja bisher durchs Dehnen den Muskelkater begünstigt.
Ich gebs zu. Ich nin endlos verwirrt jetzt 😀
Ich probiers mal mit deinen Dehnempfehlungen für nach dem Laufen und hoffe, dass ich dafür schnell eine Routine finde. Wo ich doch so eingefahren bin auf meine Dehnübungen….
Dein Blog ist super. Danke dafür mal im Allgemeinen.
Liebe Grüße
Sarah
Liebe Sarah, danke für deinen Kommentar – ohje, das kann ich gut nachvollziehen! Ich hab auch noch in der Schule gelernt, brav direkt nach der Belastung statisch zu dehnen und bloß niemals dynamisch dehnen, weil das ja die Muskeln kaputtmache 😉 Also: einfach mal die dynamischen Übungen versuchen, das wird was! 🙂